Rezension: Wir müssen über Kevin reden von Lionel Shriver


„Wir müssen über Kevin sprechen“ von Lionel Shriver hat mir Petzi ans Herz gelegt. Sie hat es mir so nachdrücklich schmackhaft gemacht, dass ich nicht anders konnte als es gleich zu Kaufen und zu Lesen. Jetzt kann ich nochmal „Danke“ sagen für diesen tollen Tipp!


„Wir müssen über Kevin reden“ von Lionel Shriver
Ullstein Taschenbuch Verlag
560 Seiten
9,99 € (Taschenbuch)*
* Anmerkung: im Moment gibt es neu nur noch die „Filmbuch“ Version dieses Buches. Die spricht mich vom Cover her so gar nicht an und ich habe mir daher die vorherige etwas neutralere Ausgabe gebraucht bestellt.

Kevin läuft Amok. Der 15jährige richtet in seiner Schule ein gut vorbereitetes Blutbad an und schlägt damit auch das Leben seiner Familie in Scherben. In „Wir müssen über Kevin reden“ arbeitet Eva, die Mutter des Attentäters, die Gründe für diese Tat aus ihrer Sicht auf. Eva wendet sich in Briefform an ihren Exmann und erzählt beginnend bei den Anfängen ihrer gemeinsamen Beziehung, über Kevins Kindheit bis hin zu dem tragischen Geschehen viele sehr persönliche Erlebnisse aus dem Leben der Familie.
Erst haben mich die besondere Thematik und die Erzählweise des Buches angesprochen. Ich mag Bücher in Brief- oder Tagebuchform. Diese Erzählart nimmt den Leser oft direkt mit und kann Geschichten ganz anders, viel näher darstellen als zum Beispiel Geschichten aus der dritten Perspektive. Bei „Wir müssen über Kevin reden“ verbindet sich diese Erzählform zusätzlich noch toll mit dem wunderbaren Schreibstil von Lionel Shriver. Dieser Schreibstil war es dann auch, der mich wirklich, ganz und gar für das Buch eingenommen hat. Lionel Shriver baut lange Sätze, die kunstvoll Evas Gedanken spiegeln und sich mit ihren Überlegungen winden.  Sätze, die sich in den Himmel schrauben aber deren Wahrheit manchmal auch ins Herz schneidet.
Die Protagonistin Eva erzählt unverblümt von ihrer Angst vor dem Kinderkriegen, von einigem Befremden im Umgang mit ihrem neu geborenen Sohn und der Verzweiflung später nicht an das Kind heranzukommen, das sie auf die Welt gebracht hat. Eva berichtet von Liebe und Angst, Verlusten und Hoffnung. Ich habe selten bei einem Buch so mit geschwankt und mit gelitten, ich mochte die Protagonistin unheimlich gern, habe aber zum Teil an ihren Empfindungen gezweifelt, so extrem waren ihre Berichte. Später habe ich ihren Blickwinkel immer besser nachvollziehen können und bekam richtiggehend Angst vor dem unberechenbaren Jungen.
„Wir müssen über Kevin reden“ ist ein Buch dessen Thematik hochaktuell ist und dass sich ohne Effekthascherei mit Schuld und Verantwortung beschäftigt. Natürlich ist das Buch an sich kein Tatsachenbericht und erhebt auch nicht den Anspruch das zu sein. Trotzdem hat „Wir müssen über Kevin reden“ für mich eine gewisse Wahrheit enthalten, der ich mich nicht entziehen konnte. Die Frage nach dem „Warum“ beschäftigt uns Menschen immer nach tragischen Ereignissen, denn oft sind sie so unbegreiflich wie schrecklich.

Schon allein auf Grund der Tatsache, dass „Wir müssen über Kevin reden“ seit Langem wieder ein Buch war über das ich ständig sprechen wollte, dass ich anfing zu zitieren und das mir ganz schön zu Denken gegeben hat vergebe ich 5 von 5 Leseratten.

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