Rezension: Das Gedankenexperiment von Jonas Winner


Gestern gabs das LeseExperiment für den August, heute ein Buch, dass sich mit Experimenten anderer Art beschäftigt. Ein echter Spontankauf, der sich überraschend zu einem wahren Pageturner entpuppt hat. Eigentlich wollte ich damals ganz gezielt ein Buch kaufen und schnell wieder aus dem Buchladen raus (Büchernarrengelächter aus dem Off) als mich „Das Gedankenexperiment“ so neckisch von der Seite anlachte. Da ich so herzlos nicht sein konnte, habe ich es gekauft. Und was soll ich sagen? Manchmal sind spontane Entscheidungen einfach die Besten! Ein Aufruf zu weiteren LeseExperimenten ;-).

„Das Gedankenexperiment“ von Jonas Winner
400 Seiten
19,99 € (Hardcover)

Der junge Philosoph Karl Borchert hat lange Zeit auf eine eigene Experimentenreihe hingearbeitet und möchte dafür ein Stipendium an seiner Uni erhalten. Obwohl das Experiment als vielversprechend gehandelt wurde, scheitert sein Stipendienantrag und Karl muss sich einer neuen Tätigkeit widmen. Da wird ihm angeboten den Vorlass (Nachlass vor dem Ableben) des berühmten Professor Leonard Habich zu ordnen. Da sich Karl davon auch für seine philosophische Karriere neue Anreize erhofft, sagt er zu und reist auf das Anwesen des Professors. Dort begegnen ihm allerdings nicht nur wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch seltsame Erscheinungen.

„Das Gedankenexperiment“ ist ein philosophischer Krimi, der eine spannende Handlung mit einer Menge wissenschaftlicher und philosophischer Themen verknüpft und dadurch eine ganz besondere Sogwirkung entfaltet. Diese Mischung aus spannender Handlung und philosophischen bzw. wissenschaftlichen Einschüben hat mich an Klassiker wie Mary Shelleys „Frankenstein“ erinnert und mir deshalb besonders gut gefallen. Manche der beschriebenen Theorien sind schon weit verbreitet (z.B. „das Ziegenproblem“), andere Abschnitte waren (zumindest mir) neu und gehen etwas tiefer als die allgemein gebräuchliche Westentaschenpsychologie. Durch diese Tiefe wirkte das Buch sehr überzeugend und besonders authentisch.
Neben der offenkundig guten Recherche, die hinter diesem Buch steckt, hat mich die Entwicklung der Charaktere besonders überzeugt. Fast drängt sich auf, dass die Beschäftigung mit dieser Thematik zu einem gewissen Wahn führen muss, denn sowohl Karl Borchert als auch der Professor verlieren sich zunehmend in ihren Theorien. Beide kämpfen mehr und mehr mit Wahnvorstellungen, hervorgerufen durch das stringente fortdenken des Gedankenexperiments. Die durchgehende Entwicklung der Protagonisten trägt hauptsächlich zur Spannung des Buches bei.
Auf dem Anwesen des Professors begegnet Karl Borchert auch einigen unerklärlichen Erscheinungen, das Buch erhält dadurch einige Spannung, wenn nicht gar Horror. Für meinen Geschmack waren diese Effekte für das Vorantreiben der Handlung nicht wirklich nötig und haben mich eher gestört. Nicht schön war außerdem, dass neben den ganzen gut recherchierten Theorien und „Gedankenexperimenten“ einige Thesen so krude und verrückt konstruiert wirken, dass die Glaubwürdigkeit manchmal ein bisschen leidet. Diese kleinen Kritikpunkte lassen sich aber neben der durchgehend spannenden Handlung, dem angenehm detaillierten Schreibstil und den interessanten Charakteren gut verschmerzen.

Für mich war das Buch eine tolle Abwechslung, Krimi und Thriller können mich im Moment nur wenig begeistern, auf Spannung hatte ich trotzdem unbändige Lust. Dafür ist „Das Gedankenexperiment“ toll geeignet. Ich vergebe 4 von 5 Leseratten für einen sehr guten philosophischen Krimi, der mich toll unterhalten hat.

 
Das Buch in einem Tweet: „Das Gedankenexperiment“ ist ein philsophischer Krimi der Spannung bietet und unterhält. Nicht immer ganz realistisch aber immer fesselnd.

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