Rezension: 28 Tage lang von David Safier


Ich muss zugeben, dass der Aufstand im Warschauer Ghetto für mich bisher mehr so ein Schlagwort war, das ich nicht gut einordnen konnte. Im Schulunterricht haben wir es (würde ich behaupten) nicht behandelt, in den Nachrichten gibt es nur alljährlich trockene Ansagen über Gedenktage und Ehrungen. Der Geschichte kommt man so nicht näher. David Safier, den wir alle wohl eher von Unterhaltungsromanen á la „Mieses Karma“ kennen, hat sich dieses Themas nun mit viel Verstand und Gefühl angenommen und ein lesenswertes (Jugend)Buch daraus gemacht.

„28 Tage lang“ von David Safier
416 Seiten
16,95 € (Hardcover)

1943, im Warschauer Ghetto: die 16jährige Mira schmuggelt Lebensmittel um ihre Familie zu versorgen. Sie ist kein mutiges Mädchen, aber die Umstände zwingen sie, über sich hinaus zu wachsen. Eigentlich ist Mira eine ganz normale Jugendliche, sie verliebt sich, träumt und plant ihre Zukunft. Das dies alles unter den grausamen Bedingungen im Ghetto passiert wirkt befremdlich normal. Der Zustand der Belagerung im Ghetto besteht lange Zeit, wird Alltag. Erst als die SS immer mehr Menschen deportieren lässt, beginnt sich die jüdische Bevölkerung zu wehren und übernimmt die Kontrolle im Ghetto. Das Wunder? Der Aufstand hielt sich 28 Tage lang. 28 Tage in denen wir Mira begleiten und durch das Buch die Geschichte wiederaufleben lassen.

Die Thematik ist ja schon völlig ungewohnt für David Safier, aber auch der Erzählton ist hier (angemessen) natürlich deutlich gesetzter. Dabei wirkt das Buch trotzdem nicht sperrig sondern für den Autor gewohnt flüssig und interessant erzählt. Neben den Beschreibungen des harten Alltags im Ghetto oder später der Kampfhandlungen während des Aufstands, steht zum Beispiel die Phantasiewelt von Mira und ihrer Schwester. Die Geschichten, die sich die Kinder erzählen, scheinen ein Rettungsanker und eine Metapher gleichermaßen zu sein. Außerdem sorgt es für das Stückchen Menschlichkeit, dass mir Mira endgültig näher gebracht hat.
Ich tue mich schwer mit der Thematik rund um den Zweiten Weltkrieg, lese aber doch auch immer wieder Bücher dazu. Von „28 Tage lang“ habe ich nicht viel erwartet. Diese Kombination aus Jugendbuch und historischen Informationen hat wohl jeder Schüler schon kennen gelernt. Vielen der Texte, mit denen man dabei aber in Berührung kommt, fehlt genau das, was David Safier gelungen ist. Bei „28 Tage lang“ fiebert man wirklich mit, es ist wirklich spannend.
Bei „28 Tage lang“ habe ich mich tatsächlich für Mira und ihre Entwicklung interessiert, habe mich ständig mit ihr gefragt „was für ein Mensch willst du sein?“. Diese Grundfrage war wunderbar an vielen Stellen im Buch eingearbeitet und wurde durch die Geschichte auf vielfältige Arten gestellt und beantwortet.

Ich vergebe 5 von 5 Leseratten für ein Buch, das ich gern im Schulunterricht gelesen hätte, denn es vermittelt neben einem spannenden Blick auf die Geschichte und wirkt trotzdem nicht effektheischend.

Das Buch in einem Tweet: In „28 Tage lang“ wird Geschichte auch mal wieder spannend und menschlich erzählt.

2 Comments

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  1. 1
    Melissa

    Das Buch möchte ich eigentlich unbedingt lesen, traue mich aber nicht so recht an diese schwierige Thematik heran. Ich wollte aber los werden, dass ich eure Rezensionen immer sehr gerne lese! Sie sind wirklich gut geschrieben. Danke dafür!
    Liebe Grüße
    Melissa

    • 2
      Alexandra

      Das freut mich so sehr! Wir hoffen immer mit jeder Rezension unsere Gedanken zu den Büchern passend rüberbringen zu können, wenn das klappt ist es ein tolles Kompliment!

      An das Buch kannst du dich übrigens gern ran trauen, trotz des schwierigen Themas liest es sich spannend und ist nicht wie diese grausamen Berichte im Geschichtsbuch, bei denen es nie so richtig um die Menschen geht.

      Liebe Grüße, Alex

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