Rezension: Ganz normale Helden von Anthony McCarten


Zu unserem ersten Blog-Geburtstag baten wir einige „Kolleginnen“ um digitale Geburtstagsgeschenke in Form von persönlichen Buchtipps. Meine Namensvetterin Alexandra vom Bücherkaffee hat damals nicht lang gefackelt und einen ganzen Geschenkeberg vorbeigebracht. Einer ihrer Tipps ging mir nicht mehr aus dem Kopf „Ganz normale Helden“ von Anthony McCarten fiel genau in mein Beuteschema und musste daher gekauft und verschlungen werden!

ganz_normale_helden„Ganz normale Helden“ von Anthony McCarten
Diogenes Verlag
454 Seiten
10,90 € (Taschenbuch)

Nach dem Tod ihres Sohnes Donald sind Renata und Jim Delpe so in ihrer Trauer versunken, dass ihnen entgeht, dass auch ihr Sohn Jeff seine eigenen Kämpfe austragen muss. Zwar ist Jeff im Internet (in seinem Onlinegame) ein Held, doch die Situation mit seinen Eltern und in der Schule belastet den Jungen schwer. Lange Zeit versuchte er als Kitt zu dienen, um seine Eltern zusammen zu halten. Als ihm der Druck schließlich zu groß wird, flieht Jeff. Sein Vater Jim loggt sich daraufhin in Jeffs digitale Welt ein und versucht dort wieder Kontakt zu seinem Sohn zu finden.

In „Ganz normale Helden“ treffen wir die Familie Delpe wieder, welche einigen Lesern schon aus Anthony McCartens Roman „Superhero“ bekannt sein dürfte. Ich kannte den Vorgänger nicht, habe aber trotzdem großen Spaß an „Ganz normale Helden“ gehabt.

Den Reiz des Buches macht eindeutig die spannende Mischung des einerseits tragischen Themas rund um die Trauer der Familie und andererseits die Handlungen in der digitalen Welt der Onlinegames aus. Eigentlich hat mich besonders der Aspekt der Flucht in digitale Welten gelockt, während der Lektüre hat sich aber gezeigt, dass beide Themen wunderbar dargestellt und spannend verarbeitet wurden.
In den verschiedenen Kapiteln des Buches kommen alle Familienmitglieder zu Wort. Wir  erleben also unterschiedliche Aspekte der Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Probleme und Gedanken der Figuren sind dabei wunderbar differenziert dargestellt und setzen sich schließlich zu einem komplexen Bild zusammen. Zum Beispiel werden die Abschnitte aus Renatas Perspektive von der Trauer um ihren Sohn und Zweifeln an ihrem Glauben beherrscht. Sie wirkt depressiv und verunsichert. Diese Gemütslage wiederum hat Einfluss auf Jims Wahrnehmung und bringt ihn an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Diese Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Charakteren habe ich gern beobachtet und bin völlig in der Geschichte abgetaucht.

Der Schreibstil von Anthony McCarten ist wunderbar prägnant und doch detailliert genug um eine tolle Atmosphäre zu transportieren. Dazu kommt eine schöne Portion Humor und ein Gespür für tragikomische Situationen. Insgesamt hat mich seine Art des Erzählens ein bisschen an Ian McEwan erinnert. Genau so begeistert war ich jedenfalls von Figuren und Handlung, egal wie abgedreht es wurde.
Schön fand ich außerdem, wie allgemeine Überlegungen zu den angesprochenen Themen ganz flüssig in die Handlung eingewoben werden. Da führt Jim zum Beispiel einen inneren Monolog über das Für und Wider zum abtauchen in digitale Welten. Bei diesen Überlegungen konnte ich mich einerseits genau wiederfinden, aber auch ein bisschen über andere Aspekte ins Grübeln kommen. Ein schöner Ansatz.
Mir haben es die Teile der Geschichte, welche direkt im Onlinegame spielen, besonders angetan. Da bekam ich einerseits Lust selbst was zu spielen, andererseits war diese Art von Darstellung einfach ganz einzigartig.
Unterm Strich vergebe ich 5 von 5 Leseratten und habe schon mindestens zwei weitere Bücher des Autors auf der Leseliste!

Das Buch in einem Tweet: „Ganz normale Helden“ hat mich begeistert und mir Lust auf mehr von diesem Autor gemacht, hier gibt’s digitale Welten und reale Dramen!

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