Rezension: Verdächtige Geliebte von Keigo Higashino


Wie schon häufiger erwähnt, mag ich japanische Autoren, ihre feine Sprache und ungewöhnlichen Geschichten, sehr gern. Bisher habe ich vor allem Yoko Ogawa und Haruki Murakami für mich entdeckt. Mit Keigo Higashino hat nun auch noch ein unglaublich kluger japanischer Krimiautor mein Herz erobert!

939668_Higashino_VerdaechtigeGeliebte.indd„Verdächtige Geliebte“ von Keigo Higashino
Klett-Cotta Verlag
320 Seiten
19,95 € (Hardcover)

Es ist keine Frage, wer hier die Mörderin ist: in emotionaler Bedrängnis ermordete Yasuko gemeinsam mit ihrer Tochter ihren gewalttätigen und aufdringlichen Ex-Mann. In der scheinbar ausweglosen Situation eilt den beiden Frauen unerwartet der unscheinbare Nachbar Ishigami zu Hilfe. Gemeinsam versuchen sie das Verbrechen zu vertuschen und die Polizei in die Irre zu führen.

Mit „Verdächtige Geliebte“ haben wir ganz klar keinen alltäglichen Krimi vor uns. Schon allein die Tatsache, dass der Ablauf des Geschehens von Anfang an klar ist und wir als Leser nun beinahe mit den Tätern mitfiebern, ist eine völlig vertauschte Perspektive. An Spannung fehlt es diesem Kriminalroman trotzdem nicht. Denn obwohl man als Leser ja „alles“ mitbekommt, erschließen sich die genauen Abläufe, Hintergedanken und Konstrukte erst im Laufe des Buches. Immer wenn man meint, gerade alles verstanden zu haben, wirft doch noch ein Detail neue Fragen auf. Ich musste beim Lesen mehrmals innehalten, um die kluge Konstruktion dieser Geschichte völlig zu begreifen.
Völlig fasziniert habe ich verfolgt, wie die Charaktere sich gegenseitig ausspielen und in ihrer List noch zu überbieten Versuchen. Da die Handlung vor allem vom hochbegabten Ishigami und dem ermittelnden Dr. Yukawa vorangetrieben wird, kommt es da zu intellektuellen Kämpfen, die ich so noch nicht erlebt habe. Aber auch die Beziehungen zwischen den übrigen Figuren gibt der Geschichte immer wieder neue Entwicklungen und bringt einige Spannung mit sich.

„Ist es schwieriger, eine unlösbare Aufgabe zu lösen oder sie zu erfinden?“

Um diese zentrale Fragestellung drehen sich die Überlegungen aller Figuren in der Geschichte und beleuchten so den „Kriminalfall“ unter immer neuen Perspektiven, bis es schließlich im (ungewöhnlichen) Ende mündet.

Bisher habe ich mich noch nicht mit diesem Thema beschäftigt, wurde durch eine aktuelle Diskussion aber darauf aufmerksam gemacht und habe mit Überraschung (und Begeisterung) festgestellt, dass meine Begeisterung für die tolle Sprache dieses Buches nicht nur dem Autor allein zuzuschreiben ist. Übersetzt wurde „Verdächtige Geliebte“ nämlich von Ursula Gräfe, die mit „1Q84“ schon eines meiner Lieblingsbücher übersetzte und auch bei den Büchern von Yoko Ogawa wunderbare Arbeit geleistet hat. Gewohnt detailliert und fein, atmosphärisch und flüssig ist auch „Verdächtige Geliebte“ verfasst.

Ich bin unterm Strich absolut begeistert, habe das Buch am Stück verschlungen und vergebe ganz klar 5 von 5 Leseratten!

Das Buch in einem Tweet: Bei Keigo Higashino gibt’s Krimi mal anders: unglaublich klug konstruiert, authentisch japanisch und mit Miträtselpotenzial. Lesen!

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