Rezension: Finderlohn von Stephen King


Seit ich vor etwas weniger als einem Jahr „Mr. Mercedes“ zuschlug, habe ich mich auf die Fortsetzung der Geschichte rund um das charmante Ermittlertrio gefreut. Mit „Finderlohn“ haben wir nun den zweiten Teil der Mr. Mercedes Trilogie vor uns und finden trotz feiner Verbindungen eine völlig neue, ganz anders aufgebaute Geschichte vor.

Finderlohn„Finderlohn“ von Stephen King
Heyne Verlag
544 Seiten
22,99 € (Hardcover)

“Jimmy Gold” heißt die berühmte Romanfigur, mit der John Rothstein in seiner „Läufer Trilogie“ eine der wichtigsten Charaktere der amerikanischen Literatur schuf. Die Läufer Bücher begründeten John Rothsteins Lebenswerk, später lebte er jedoch zurückgezogen in einem kleinen Ort in Maine und führte seine Werke nur für sich fort. Der Autor kann nicht ahnen, dass sich rund um seine Bücher ein Drama entwickelt, dass ihn und womöglich weitere Menschen das Leben kosten wird…

In „Finderlohn“ erzählt Stephen King eine Geschichte der Obsession: seine Charaktere eint die Liebe zu Jimmy Gold, zu Rothsteins Literatur und der Hoffnung in Büchern eine bessere Welt zu entdecken. So ist der neurotische Morris Bellamy von den Geschichten über den Läufer genauso fasziniert, wie viele Jahre später Peter Saubers, der Finder von Morris‘ Beute. In der ersten Hälfte von Finderlohn wird eben diese Geschichte erzählt: wie Morris alles auf eine Karte setzt, um Rothsteins Literatur noch näher zu kommen, sie ganz für sich zu haben. Viele kleine Verbindungen und spannende Entwicklungen bringen dann beide Charaktere zusammen. Da bei scheinen Peter Saubers und Morris Bellamy zwei Seiten derselben Medaille zu sein. Sie zeigen wie Begeisterung das Beste aus uns herausholen kann, aber auch wie uns Obsession zerstören kann.
Dieser erste Abschnitt des Buches ist absolut mitreißend, bringt tolle Themen rund um das Lesen und Schreiben zu Tage und beweist Kings Gespür für fein verwobene Geschichten. Die Parallelen der Charaktere, die leisen Zwischentöne der Geschichte und auch die Verbindungen zu “Mr. Mercedes” haben mich absolut begeistert.
Erst in der zweiten Hälfte des Buches treffen wir dann unsere Ermittler wieder, Bill und Holly arbeiten als Privatdetektive und Jerome kehrt von seinem Studienort zurück, als sich die Geschehnisse um Peter Saubers und Morriss Bellamy gerade einem dramatischen Höhepunkt entgegen bewegen. An diesem Punkt werden sie in den Fall verwickelt. Dieser Abschnitt der Geschichte hat mich leider weniger begeistert als die erste Hälfte des Buches. Denn trotz eines fantastischen (unfassbar spannenden) Finales bietet dieser Teil der Geschichte nicht den Krimicharme, dem ich in „Mr. Mercedes“ erlegen bin. Die Verbindungen innerhalb der „Ermittlung“ wirken ein klein wenig zu einfach, die Fähigkeiten unseres Ermittlertrios sind nicht so genial in Szene gesetzt wie im ersten Band.

Atmosphärisch ist „Finderlohn“ aber wieder wirklich stark. Seite um Seite verbinden sich die einzelnen Aspekte der Geschichte immer perfekter. Von der Verzweiflung auf Grund der Folgen der Handlung von „Mr. Mercedes“, über Hoffnung und später die Eskalation des Konfliktes erleben wir mit den Protagonisten ein echtes Wechselbad der Gefühle.
Besonders gefreut hat mich, dass sich in dieser Geschichte auch schon ganz kleine Vorbereitungen für den nächsten Band finden. Es ist als brodelt etwas Düsteres und bedrohliches unter der Oberfläche der Geschichte, das uns erst später voll erwischen wird. Da können wir uns sicher auf ein tolles Finale freuen.

Unterm Strich bin ich wieder schwer angetan von „Finderlohn“, vergebe aber im direkten Vergleich zu „Mr. Mercedes“ trotzdem „nur“ 4 von 5 Leseratten. Auf Grund der sympathischen Charaktere, der spannenden Verbindungen und der tollen Thematik trotzdem eine absolute Leseempfehlung!

Das Buch in einem Tweet: „Finderlohn“ erzählt die Geschichte einer Obsession zur Literatur: wie Bücher das Beste aus uns herausholen oder uns im Wahn gefangen halten.

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