Rezension: Vom Ende der Einsamkeit von Benedict Wells


Schon der Titel des Buches “Vom Ende der Einsamkeit” trägt einerseits Hoffnung und andererseits Schwermut in sich. Das Ende der Einsamkeit findet man doch häufig in der Liebe, im Titel wirkt die Einsamkeit trotzdem dominanter.
Genau dieses Gefühl hatte ich auch während der Lektüre des Buches: immer wieder finden sich Momente von Liebe und Gemeinschaft… und doch ist da eine Einsamkeit, die vieles überschattet

Es ist ein unglaublich trauriges Buch und wirkt fast schon zu schwer. In “Fast genial” beschreibt Benedict Wells den Roadtrip eines jungen Mannes auf der Suche nach seinen Wurzeln, dort ist seine Stimme jugendlich und frech. Im aktuellen Buch wirkt er gereifter aber auch düsterer. Immer wieder werden Themen wie Alter und Tod aufgegriffen.

In “Vom Ende der Einsamkeit” wird die Geschichte dreier Geschwister erzählt, die in jungen Jahren ihre Eltern bei einem tragischen Unfall verlieren. Was wie ein böser Traum scheint, ist doch Realität und wirft das Leben der Kinder völlig  aus der Bahn. Jules, die Hauptfigur, beschreibt diesen Moment immer wieder als Weggabelung, die sein Leben in eine andere Richtung lenkte.
Zentrale Frage des Buches ist, ob es Aspekte einer Persönlichkeit gibt, die unabhängig unseres Werdeganges immer zum Vorschein kommen. Oder andersrum, ob es Momente gibt, die unsere Persönlichkeit unwiderruflich verändern. Wohin hätte sich das Leben der Geschwister entwickelt, wenn die Eltern gesund von ihrem Ausflug zurückgekehrt wären?

Mich hat “Vom Ende der Einsamkeit” bewegt und die Wechsel zwischen den Höhen und Tiefen im Leben der Geschwister waren wunderschön zu verfolgen. In den verschiedenen Abschnitten des Buches werden immer wieder Stationen ihrer Entwicklung aufgegriffen. Im Abstand von mal wenigen Jahren, mal Jahrzehnten, verfolgen wir ihren Werdegang.
Auch die Charaktere sind wieder (Wells-typisch) mit Herz und Verstand gestaltet, sie wirken glaubhaft und real. Eigentlich zu echt für einen Roman.

Einziger Wehrmutstropfen ist für mich bei diesem Buch wirklich die absolute Schwere der Geschichte. Manchmal waren es für meinen Geschmack zu viele Schicksalsschläge und Verzweiflung für einen doch so jungen Autor. Das ist Jammern auf hohem Niveau, aber man kann’s auch so sehen: “Fast genial” war einfach noch besser! Unterm Strich 4 von 5 Leseratten!

4Ratten

“Vom Ende der Einsamkeit” von Benedict Wells, erschienen im Diogenes Verlag, 368 Seiten, 22,00 € (Hardcover)

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2 Comments

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  1. 1
    Britta

    Ganz tolles Buch! War mein erster Wells, habe mich lange vor gedrückt, weil er so gehypt wurde – und dann stellt mein „Lese-Ich“ manchmal auf „Nö, dann hab ich da keine Lust drauf“ um. Aber zum Glück habe ich es geschenkt bekommen und kam so in den Genuss dieser unheimlich bezaubernd-melancholischen Geschichte. Musste wirklich ein paar Tränchen vergießen am Ende. Hat mich sehr berührt!

    LG
    Britta

  2. 2
    Anna

    Hi,
    ich lese das Buch gerade und mir gefälllt es auch richtig gut! Du hast aber völlig Recht: es ist schon ein recht schweres, düsteres Buch, das ein wenig auf die Stimmung drückt. Trotzdem ist es toll :)

    Liebe Grüße
    Anna

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