Rezension: Ich habe ihn getötet von Keigo Higashino


Bei jedem neuen Krimi von Keigo Higashino den ich lese, nehme ich mir vor die Auflösung ganz allein zu entdecken. Es ist mir auch diesmal nicht gelungen! Obwohl ich eifrig (meiner Meinung nach) wichtige Hinweise markierte, war ich ratlos bis zum Schluss. Zu klug konstruiert, zu verwirrend ist die Geschichte über den Mord am unsympathischen Drehbuchautor Makoto auch diesmal. Und auch in “Ich habe ihn getötet” wirft Keigo Higashino die Regeln des 0-8-15 Krimis wieder ein Stück weit über Bord: gleich drei Verdächtige sind davon überzeugt Makoto getötet zu haben. Statt einem nicht auffindbaren Täter, gibt es also drei “Mörder”!

Makoto ist auch wirklich unsympathisch: immer auf seine Karriere fokussiert und auch in Beziehungen äußerst egoistisch, hat er eine ganze Reihe an “Feinden” um sich geschart. Da ist der eifersüchtige Bruder seiner jungen Ehefrau, sein eigener Manager und seine ehemalige Geliebte. Alle Drei wünschen Makoto die Pest an den Hals und alle Drei halten sich für seinen Mörder.
In den verschiedenen Abschnitten wird abwechselnd aus der Perspektive der Verdächtigen, die Geschichte seines Todes erzählt. Wie Makoto auf dem Weg zum Traualtar plötzlich zusammenbricht und nach kurzer Verwirrung klar wird, dass er vergiftet wurde.

Mich hat Keigo Higashino auch diesmal gut unterhalten. Die Geschichte ist perfekt aufgebaut und die Verwirrung durch die wechselnden Sichtweisen perfekt. Wir erfahren zwar immer die Wahrheit aus Sicht der jeweiligen Person, wie im echten Leben bekommen wir aber dabei nicht die Beobachtungen und Erlebnisse der Übrigen mit. So entstehen Lücken, die der Leser sich durch Logik und Aufmerksamkeit selbst erschließen muss. Ein Buch zum miträtseln durch und durch.

Ein wenig westlicher ist die Geschichte diesmal und von weniger Bezügen zu “typisch japanischer” Kultur durchzogen. Trotzdem merkt man den ganz eigenen Stil, die feinen Beschreibungen und auch die charakteristischen Protagonisten Higashinos. Immer wieder ein Genuss.

Auffallend ist für mich, dass in den Krimis von Higashino die Grenze zwischen Opfer und Täter häufig verschwimmen. Unsympathische Opfer und menschliche, sympathische Täter machen es schwierig die Geschichte wie einen “normalen” Krimi zu betrachten. Der Mord war verwerflich, natürlich, aber durch seine bösartige Charakteristik wünscht man Makoto unwillkürlich auch eine Strafe.

Ich müsste das Buch ehrlich gesagt noch einmal lesen, um die Auflösung der Tat hundertprozentig nachvollziehen zu können, die Lösungshilfe am Ende des Buches hat mir allerdings wirklich gute Dienste erwiesen. Für mich ganz klar 5 von 5 Leseratten, ein Muss für alle Krimileseratten!

Das Buch in einem Tweet:

“Ich habe ihn getötet” von Keigo Higashino, übersetzt von Ursula Gräfe, erschienen im Klett-Cotta Verlag, 352 Seiten, 14,95 € (Klappenbroschur)

8 Comments

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    • 2
      Alexandra

      Hallöchen,

      ich finde es immer wieder erstaunlich, dass selbst eingefleischte Krimileseratten Higashino nicht kennen. Er ist der von mir am meisten (und erfolgreichsten) emfpohlene Autor überhaupt. Wer nicht unbedingt auf blutige Gemetzel steht, wird seine Krimis mögen. Das klappt im Freundes- und Bekanntenkreis immer wieder ;) Ich hoffe auch bei dir landet der Tipp richtig!

      Viele liebe Grüße
      Alexandra

  1. 3
    Ela

    Die Rezension weckt mein Interesse!
    Auch ich kannte den Autor noch nicht und da ich am liebsten Krimis und Thriller als Hörbücher höre, schaue ich gleich mal nach ob es seine Krimis auch in diesem Format gibt :)
    Wünsche Dir einen schönen Feiertag,
    Liebe Grüße
    Ela

    • 4
      Alexandra

      Hallo Ela,

      ich habe gerade mal geschaut, es gibt zumindest „Verdächtige Geliebte“ auch als Hörbuch. Mit diesem Krimi habe ich auch damals angefangen und war ganz besonders begeistert. Vielleicht klappt es bei dir ja auch! :)

      Viele Grüße
      Alexandra

  2. 6
    Britta

    Mir geht es ähnlich wie den Vorrednerinnen. Der Autor sagte mir bisher auch noch gar nichts – aber dein Post hat mich auf jeden Fall sehr neugierig gemacht. Das werde ich mir auf jeden Fall merken und mal genauer ansehen.

    Liebe Grüße
    Britta

    • 7
      Alexandra

      Hallo Britta,

      ich bin gespannt ob du dich an Higashino heranwagen und ihn so genießen wirst, wie ich! Er ist nur für Fans von Action und Effekten schwierig. Da geht es bei Higashino deutlich ruhiger zu. Wer sich daran nicht stört, wird seine Krimis sicher mögen! :)

      Viele Grüße
      Alexandra

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