Rezension: Neunzehn Minuten von Jodi Picoult


In “Neunzehn Minuten” dreht sich alles um einen Moment der Gewalt, eine Eskalation, die so viele Leben nachhaltig verändert. Neunzehn Minuten reichen aus, um eine Schule zum Schauplatz einer schrecklichen Tragödie zu machen. Im Angesicht des Amoklaufs bleibt für Ermittler, Eltern und Opfer anschließend wie immer nur die Frage nach dem Warum? In Jodi Picoults Roman wird dafür auch ein bisschen die Frage nach dem “woher” betrachtet. Woher kommt der Hass und die Abneigung des Attentäters? Woher bestimmte Zeichen der Gewalt aber auch des Zusammenhalts?

Ich habe schon einige Romane gelesen, in denen Amok thematisiert wurde. Jodi Picoults Roman “Neunzehn Minuten” reiht sich da passend ein, ist in einigen Aspekten recht ähnlich, aber auch anders.
Wo in “Wir müssen über Kevin reden” der Konflikt der Eltern mit dem Sohn und in “Der Vater des Attentäters” die Verfolgung mit den Medien im Zentrum der Geschichte stehen, ist es hier vor allem die Entwicklung des Täters und dabei besonders spannend die Beziehungen zu seinen späteren Opfern. Zu verfolgen, wie aus einem friedlichen Baby und freundlichen Kleinkind, ein späterer “Täter” wird, ist ganz besonders mitreißend.

Zwar werden dabei einige Klischees gestreift und die Grenze zum “Mitleid mit dem Täter” ist sehr schmal, das zeigt aber auch schön wie schwer das Abwägen in solchen Situationen für alle Beteiligten ist.

Im Laufe der Entwicklung ist “Neunzehn Minuten” auch ein ganz normaler High School Roman. Unterhaltsam aber nicht sonderlich dramatisch, flüssig zu lesen und mit den üblichen Charakteren. Wir finden die Quarterbacks, Cheerleader und Nerds, die jede anständige High School Geschichte bevölkern. Trotzdem sind die Figuren unterm Strich passend und ergeben in ihrer Gesamtheit diesen Eindruck von Normalität, der die eigentliche Tat am Ende noch viel schrecklicher erscheinen lässt.

Mich hat Jodi Picoults Schreibstil schon in “Bis ans Ende der Geschichte” für sich eingenommen. direkt und unkompliziert, dennoch detailliert verfasst, kann man sich in ihren Texten verlieren. Ihre Sätze scheinen irgendwie eher unscheinbares Mittel zum Zweck, das aber für ausreichend Atmosphäre sorgt. So kommt man beim Lesen ganz oft in diesen angenehmen Flow, der das Buch an sich völlig in den Hintergrund treten lässt.

“Neunzehn Minuten” ist inhaltlich nicht unbedingt neu und bedient einige Klischees, ist aber mitreißend und gefühlvoll auf ungewöhnliche Aspekte eines bekannten Themas fokussiert. Unterm Strich 4 von 5 Leseratten!

“Neunzehn Minuten” von Jodi Picoult, übersetzt von Klaus Timmermann, Ulrike Wasel, erschienen im Piper Verlag, 480 Seiten, 10,99 € (Taschenbuch)

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2 Comments

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  1. 1
    Lotta

    Hallo :)
    Ich habe bisher nur „wir müssen über kevin reden“ gelesen, aber das fand ich echt unglaublich gut. Vielleicht, sollte das auch mal lesen. Ich finde solche Geschichten super interessant. Danke, dass du das Buch hier vorgestellt hast. :)

    Liebst, Lotta

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