Rezension: Die vier Jahreszeiten des Sommers von Grégoire Delacourt


Obwohl “Die vier Jahreszeiten des Sommers” dem Titel nach eher ein Sommerbuch ist, lässt es sich auch vorzüglich an den letzten sonnigen Herbsttagen oder im Urlaub lesen. Vielleicht ist es sogar eine kleine Urlaubsreise in Gedanken, denn dieses kleine Büchlein entführt uns in einen französischen Urlaubsort. An einem beschaulichen Strand in Nordfrankreich erleben zwei Jugendliche ihre erste Liebe, suchen Menschen ein neues Glück und nimmt ein altes Pärchen Abschied. In den verschiedenen Kapiteln, die wie Kurzgeschichten aneinandergestellt sind, erleben die unterschiedlichsten Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen ihre Geschichte der Liebe, jeweils am 14. Juli. Da alle Geschichten räumlich und zeitlich verbunden sind, ergibt sich am Ende ein schönes und ein wenig trauriges Gesamtbild.

Ich muss gestehen, dass mich der Roman lange im Unklaren darüber lies, wohin er sich entwickeln würde. Die Geschichten sind von ihrer Richtung her recht abwechslungsreich und versprühen alle eine gewisse Sehnsucht und mit der Zeit zunehmend auch Melancholie. So wird aus einer anfangs recht unbeschwerten Lektüre, später ein Leseerlebnis mit einiger Tiefe. Diese letzten Kapitel und die gefühlvolle Verbindung der einzelnen Geschichten, die sich damit schließlich ergibt, haben mich erst mit diesem Buch ausgesöhnt. Erst dann fühlte ich mich bei dem Autor und seinen Figuren angekommen.

Leider ist “Die vier Jahreszeiten des Sommers” sonst auch kein Buch, dessen Geschichten lang bei mir nachhallen. Die Figuren und Geschichten waren für meinen Geschmack teils zu unscharf und gewöhnlich, um lange im Gedächtnis zu bleiben. Die absolute Ausnahme bildet die Geschichte im Kapitel “Rose”, eine Geschichte die mich mit ihrer Zartheit und Sanftheit sofort packte und spätestens mit den Worten

“Und das Meer wird unsere Tränen trinken.”

haltlos berührte und traurig machte. Dieser Moment war es, der für mich die wunderschöne und poetische Sprache des Autors endlich mit den Geschichten in Einklang brachte. Was mir bis dahin zu unspektakulär dahinplätscherte, entwickelte dann erst seine Wucht. Dieser Moment und dieses Gefühl sind es, für den sich die Lektüre des Buches doch noch lohnte.

Denn insgesamt ist “Die vier Jahreszeiten des Sommers” ein schönes kleines Buch, aber für mein Empfinden nicht durchgehend so kraftvoll, wie es hätte sein können. Wie eine Muschel ihre Perle birgt dieses Buch schöne Sätze, wundervolle Momente, gibt diese aber nicht unbedingt leicht her. Für mich bremste dieser schwierige Zugang die Lesefreude etwas, unterm Strich 3 von 5 Leseratten.

“Die Vier Jahreszeiten des Sommers” von Grégoire Delacourt, übersetzt von Claudia Steinitz, erschienen im Atlantik Verlag,  192 Seiten, 18,00 € (Hardcover)

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2 Comments

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  1. 1
    Juliana

    War jetzt sofort neugierig als ich gesehen habe, dass du das Buch rezensiert hast. Mein Vater hat es nämlich letztens erst gelesen, dabei ist das 1. nicht unbedingt sein Genre und 2. hat er schon seit Jahren kein Buch mehr von Anfang bis Ende durch gelesen :D und hier war er aber überraschenderweise begeistert. Scheint für ihn das richtige Buch im richtigen Moment gewesen zu sein. Werde auf jeden Fall auch noch reinlesen!

    Viele liebe Grüße
    Juliana

    • 2
      Alexandra

      Ich glaube bei dem Buch ist es wirklich entscheidend an welchem Moment, in welcher Figur und Geschichte man sich wiederfindet. So „ohne Bezug“ waren sie für meinen Geschmack wie gesagt etwas lasch, dann ab dem Moment, in dem ich mich in einer Handlung wiedergefunden habe, konnte ich den Rest auch viel mehr genießen. Vielleicht ging es deinem Papa ähnlich und er hat sich direkter in dem Buch wiedergefunden :)

      Viele Grüße
      Alex

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