Rezension: Hart auf Hart von T.C. Boyle


Eigentlich hat mich “Hart auf Hart” schon lange gereizt aber erst am 9. November 2016 habe ich das Buch aus meinem Regal befreit. Am Tag nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl, schien mir dieses Buch so passend wie kein anderes. Es erzählt eine Geschichte über die amerikanische Seele, die schon mit den einleitenden Worten extrem beschrieben wird:

„Die amerikanische Seele ist ihrem Wesen nach hart, einzelgängerisch, stoisch und ein Mörder. Sie ist noch nicht geschmolzen.“ – D.H. Lawrence

Ich weiß nicht, ob Donald Trump einen Teil der amerikanischen Seele verkörpert. Falls er das tut, scheint es eine Seele zu sein, die mir in mancher Hinsicht Angst macht. Er würde in jedem Fall gut in T.C. Boyles Roman passen, auch dort dreht sich die Geschichte um Aggression und Macht. Das Buch handelt von Adam, einem gewalttätigen Außenseiter, der (halb im Drogenrausch) nach etlichen Schulverweisen und Therapieversuchen abseits der Gesellschaft im Wald leben möchte. Er gabelt eines Tages die deutlich ältere Sara auf, die er schnell in sein wirres Leben hineinzieht. Sie horten Waffen, kümmern sich nur um Essen und Sex. Dem seltsamen Paar stehen Adams Eltern gegenüber, eigentlich Symbol für die gutbürgerliche Mittelschicht. Anständige Leute. Bis auf eine kurze Eskalation der Gewalt, in der auch Adams Vater seine Fassade fallen lässt.

Es ist wirklich schwer zu beschreiben, welchen Eindruck dieses Buch bei mir hinterlässt: es ist wuchtig und böse, an manchen Stellen aber auch unfreiwillig komisch. In dem Sinne, das man Lachen möchte, weil die Situationen so absurd und verfahren, fast schon traurig aber eben auch skurril sind. Natürlich sollte man nicht Lachen, es sind ja eher die härten des Lebens, die hier beschrieben werden.
Gleichzeitig war mir die gesamte Handlung hindurch das Verhalten der Protagonisten völlig unklar. Warum bewegen sie sich durch diesen Nebel, wieso agieren sie mit der Gesellschaft auf diese und jene Weise? Ich bin da ein bisschen zwiegespalten. Einerseits bewundere ich den Autor dafür, das er nahezu jede kommentierende und wertende Darstellung aus der Geschichte herauslässt. So bin ich als Leser gezwungen, selbst Position zur Handlung zu beziehen. Andererseits fehlte dadurch teilweise die Einordnung, was mit der Geschichte bezweckt wird.

Begeistert haben mich der Erzählstil und die tolle Herausarbeitung von Charakteren. Viel besser als in T.C. Boyles Kurzgeschichten kommt hier sein Gespür für extreme Situationen und Figuren zur Geltung. Sie wirken alle für sich ganz schön krass, fast schon unglaubwürdig und passen trotzdem sehr gut in diese Szenerie. Aus der Kombination dieser Personen, entsteht außerdem eine eine Handlung, die irgendwie bedrohlich wirkt, als könnte jeden Moment einer der Figuren “eine Sicherung durchbrennen”.

“Hart auf Hart” ist kein Buch, das ich eindeutig werten kann oder will. Es hat mich begeistert und mitgerissen, gleichzeitig abgestoßen und fragend zurückgelassen. Für mich war das genau richtig, das Buch hat mich beschäftigt und ich habe mich daran aufgerieben. Eine Erklärung über die Art der amerikanischen Seele hat es mir aber nicht geliefert…

Das Buch in einem Tweet:

“Hart auf Hart” von T.C. Boyle, übersetzt von Dirk van Gunsteren, erschienen im Hanser Literaturverlag, 400 Seiten, 22,90 € (Hardcover)

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