Rezension: Das Buch der Spiegel von E.O. Chirovici


“Das Buch der Spiegel” heißt nicht etwa so, weil es um mysteriöse Spiegel und Rituale geht, sondern weil es eine Geschichte erzählt in der sich die Haltung ihrer verschiedenen Protagonisten vielfach widerspiegelt. Wie in einem Spiegelkabinett ist manches zu klein, manches zu groß, zu nah oder fern, aber alles wahr…

Diese Idee, eine Geschichte zu erzählen, die mit Wahrheit und Perspektive derart spielt, hat mir wirklich gut gefallen. Natürlich spielen da auch meine Schlüsselreize eine Rolle: es geht um Geheimnisse und ein verschollenes Manuskript! Der Literaturagent Peter Katz bekommt nämlich die ersten Seiten eines Buches angeboten, welches verspricht den mysteriösen Mord an einem vor 20 Jahren verstorbenen Psychologieprofessor aufzuklären. Als er bereit ist das Manuskript anzukaufen ist der Autor jedoch bereits verstorben und die übrigen Seiten der Geschichte spurlos verschwunden. Katz beschließt eigene Nachforschungen zu beauftragen und nähert sich einer tiefgreifenden Geschichte.

Die Erzählweise dieses Buches ist wirklich ungewöhnlich und hat mich überzeugt. Alles startet bei Peter Katz, der das eingereichte Manuskript auf seinem Schreibtisch entdeckt, dann schlängeln wir uns in einer Metaebene in das Manuskript, das eine ungewöhnlich große Spannung entwickelt und uns im nächsten Abschnitt in die von Katz beauftragten Nachforschungen führt, geschlossen wird der Bogen schließlich von einer ganz anderen (aber eng mit der Geschichte verbundenen) Erzählperspektive eines weiteren beteiligten Charakters. So führt “Das Buch der Spiegel” von Abschnitt zu Abschnitt immer tiefer in seine Geschichte und macht Lust die angedeuteten Geheimnisse zu offenbaren. Deren Lösung wirkt gar nicht so schwer, doch irgendwas scheint nie zu passen. Diese Ecken und Kanten gaben mir beim Lesen genug Reibungspunkte, um über die Geschichte nachzudenken und werden schließlich schön enthüllt.

Ich habe “Das Buch der Spiegel” so schnell gelesen, wie selten ein anderes Buch. Die knapp 380 Seiten halten durchgehend eine tolle Spannung und der Autor hält sich nicht viel mit Nebensächlichkeiten auf. Es gibt kaum Nebenhandlung, die vom eigentlichen Fokus der Geschichte ablenken würde. Leider wird aber auch wenig über die Wirkungsweise von Wahrheit und Lüge berichtet, das hatte ich mir bei dem starken Bezug auf Psychologen und psychologische Experimente zum Thema Trauma doch ein wenig mehr erhofft.

Der große Pluspunkt dieses Buches liegt für mich in der facettenreichen Geschichte, eben jene Facetten fehlen den beteiligten Charakteren leider zuweilen. Viele bleiben schemenhaft und wie sogar Katz, bei dem schließlich alles beginnt, versinken sie hinter den Verwicklungen der Handlung ein wenig. Die Charaktere werden gerade so weit ausgearbeitet, wie es für ihre Rolle in der Geschichte notwendig ist. Vielleicht ist das aber auch notwendig, um die Ver- und Entwicklungen nicht zu durchschaubar zu machen.

Insgesamt ist “Das Buch der Spiegel” aber eine mitreißende Geschichte, die ungewöhnlich erzählt wird. Ein Lesevergnügen und für mich 4 von 5 Leseratten.

Das Buch in einem Tweet:

 

„Das Buch der Spiegel“ von E.O. Chirovici, übersetzt von Silvia Morawetz und Werner Schmitz, erschienen im Goldmann Verlag, 380 Seiten, 20,00 € (Hardcover)

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