Rezension: Ich bin niemand von Patrick Flanery


“Ich bin niemand” von Patrick Flanery erzählt davon, wie wir zwischen einem zu viel an Daten im Rahmen der Digitalisierung zu verschwinden drohen. Ganz konkret geschieht dies im Buch Jeremy O’Keefe, der nach einigen Jahren im Ausland in seine Heimat New York zurückkehrt. Immer häufiger zweifelt Jeremy an seinem eigenen Gedächtnis, immer seltsamere Vorfälle häufen sich in seinem Umfeld und er fühlt sich zunehmend beobachtet und beschattet.

Es ist gar nicht so leicht zu erkennen, dass dieses Buch um das Thema Big Data kreist. Vielmehr scheint sich die Erzählung zunächst um die eigene Realität und das Gedächtnis zu drehen. Erst allmählich werden Überwachung und Datensammlungen zum Thema der Geschichte. Leider schafft “Ich bin niemand” das Thema Big Data dann auch nicht neu aufzuarbeiten, es wird wenig substanzielles beigetragen. Außer der Paranoia des Protagonisten und der unheimlichen Datenflut, mit der er konfrontiert ist, wird zum “Gläsernen Mensch” wenig erzählt, wenig in Frage gestellt.

Zwar gibt es in der Handlung interessante Entwicklungen und Gedanken darüber, wie viel die über uns gesammelten Daten tatsächlich von uns erzählen, wie gut die Schlussfolgerungen sind, die unsere Daten zulassen. Aber das bleibt alles ziemlich schwammig.

Leider ist “schwammig” einer der Begriffe, der dieses Buch für mich generell ganz gut beschreibt. Die Geschichte ist hauptsächlich als innerer Monolog der Hauptfigur erzählt und nach einer Weile fingen mich die ständigen Abschweifungen in diesem Monolog wirklich an zu stören. Die Erzählung verliert sich in Nebensächlichkeiten, zum eigentlich spannenden Thema des Buches kehrt die erzählende Stimme selten zurück. Viel mehr finden sich ermüdende Einschübe über Heimat und Einsamkeit.

Für meinen Geschmack bildet die Geschichte am Ende keine harmonische Einheit. Es stehen Thema, Erzählstil und die Figuren recht zusammenhanglos im Raum und fügen sich mehr schlecht als recht zusammen. Das verdeutlicht vor allem Jeremy als Hauptcharakter. Er ist Geschichtsdozent und forscht (passenderweise) über die DDR als Überwachungsstaat, tatsächlich werden dazu auch einige interessante Einschübe geliefert. Neben diesen Fakten gibt es wenig, was ihn als Figur auszeichnet. Sein Charakter bleibt blass und wenig einprägsam. Er ist leider manchmal wirklich niemand.

Ich habe mich stellenweise sehr durch dieses Buch gekämpft und leider auch im Ende des Romans keine große Genugtuung gefunden. Zwar gibt es thematisch schöne Ansätze und interessante Abschnitte, insgesamt war das Buch für mich zu ziellos und die Figuren zu blass. Leider nur schlappe 2 von 5 Leseratten.

“Ich bin niemand” von Patrick Flanery, übersetzt von Reinhild Böhnke, erschienen im Blessing Verlag, 400 Seiten, 22,99 € (Hardcover)

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1 comment

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  1. 1
    Vanessa

    Hallo Alexandra,

    Respekt, dass du den Roman durchgezogen hast. Ich habe mein Glück auch mit diesem Roman versucht, habe aber nach einem Drittel abgebrochen. Die Monologe haben mich so eingebremst und mir die Leselust genommen und wie du schon so schön beschrieben hast, hat es mir einfach zu lange gedauert, bis der Autor zu seinem eigentlichen Thema kam.

    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende!

    Liebe Grüße, Vanessa

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