Rezension: Das Verschwiegene von Linn Ullmann
Kennt ihr das? Manchmal nachdem man ein Buch schließt, weiß man einfach nicht, was man da gerade gelesen hat. So ging es mir leider mit meinem vorerst letzten Buchmesse-Fund 2013 „Das Verschwiegene“ von Linn Ullmann.
„Das Verschwiegene“ von Linn Ullmann
Luchterhand Literaturverlag
352 Seiten
19,99 € (Hardcover)
„Das Verschwiegene“ erzählt die Geschichte einer Familie, in der jeder allein mit sich selbst kämpft. Das Ehepaar Siri und Jon hat sich voneinander entfernt, Jon betrügt seine Frau und diese ist nur damit beschäftigt ihrer Mutter Jenny näher zu kommen. Jenny wiederum beginnt seit Jahren der Abstinenz wieder zu trinken und ist trotz aller Bemühungen der Tochter sehr distanziert zu ihrer Familie. Bei der Feier zum 75. Geburtstag von Jenny verschwindet dann auch noch das Au Pair Mädchen der Familie und man meint, dass sich auf dieser Familie eine schwere Last anhäuft.
Schon daran wie schwer es mir fällt, den Inhalt von „Das Verschwiegene“ zusammen zu fassen, merke ich, dass mir zu diesem Buch der Zugang fehlte. Ich hatte vermutlich eine falsche Erwartung an die Handlung. Ich glaubte, dass das verschwundene Au Pair Mädchen und die dramatische Kindheit von Siri im Zentrum der Geschichte stehen würden. Tatsächlich war die Handlung sehr reduziert, es geschah kaum etwas. Vielmehr wurden die Emotionen und Probleme der Charaktere in den Fokus der Geschichte gerückt. Auch das hätte mich begeistern können, wäre man dabei nicht immer nur an der Oberfläche geblieben. Warum hat sich Jenny so hoffnungslos in den Alkohol gestürzt und ihre Kinder von sich weg getrieben? Warum betrügt Jon seine Frau, liebt er sie offenbar doch immer noch von Herzen? Kein Mensch fühlt und handelt ohne Grund, ohne eine Geschichte die ihn zu dem machte was er ist.
Wirklich bedrückt hat mich außerdem, dass kein Charakter Trost oder auch nur eine Reaktion bei einem der Familienmitglieder oder anderswo finden konnte. Das Buch hätte mit den vielen, detailliert beschriebenen Charakteren und einem wunderschönen Schreibstil beeindrucken können. Die reduzierte Handlung hat es aber schwierig gemacht dem Lesefluss zu folgen. Die häufigen Wiederholungen bestimmter Probleme ohne für mich sichtbare Lösungen und Entwicklungen der Charaktere oder ihrer Beziehungen konnten mich einfach nicht packen. Ich hatte das Gefühl, dass im Buch eine gewisse Stagnation herrschte.
Unterm Strich kann ich dem Buch nur 2 von 5 Leseratten geben, obwohl mir die Sprache und der poetische Stil gut gefallen haben war ich am Ende enttäuscht von der Handlung und fehlenden Entwicklung der Charaktere.
Ich gebe zu, dass der Roman nicht einfach zu lesen ist. Er ist einmal nicht chronologisch aufgebaut und einige Stellen weiß der Leser zunächst nicht einzuordnen. Man muss sich schon auf solche ungewöhnlichen Werke einlassen. Mich hat der Roman letztlich in seinen Bann gezogen. Aber jedermanns Sache ist er wirklich nicht.
Hallo Beatrix,
Danke für deinen Kommentar!
Du hast Recht, solche ungewöhnlichen Werke muss man zulassen und sich darein finden. ich hatte zwar schon häufig Spaß an besonderen Büchern, komme mit manchen Büchern von Aufbau oder Stil aber auch nicht zusammen. Dann funkt es einfach nicht. Zum Zeitpunkt als ich „Das Verschwiegene“ las, lag es großteils an den falschen Erwartungen. Die doch recht statische Geschichte würde meinem Gemüt als Leser aber auch sonst nicht so entsprechen, ich suche eher die Entwicklung, Konflikte oder Spannung.
Viele liebe Grüße
Alexandra