Rezension: Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel von Bradley Somer


Als ich im März überraschend Post von lovelybooks und dem Dumont Verlag erhielt, war ich sehr begeistert, der „nicht Messe“-Blues wurde erheblich gemildert. Auch die Idee hinter der Geschichte hat mich sofort überzeugt, ein wenig gezweifelt habe ich daran, ob die Umsetzung dem Ganzen dann auch gerecht werden könnte. Jetzt weiß ich, es funktioniert!

Goldfisch„Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel“ von Bradley Somer
Dumont Verlag
320 Seiten
14,99 € (Broschiert)

Eigentlich ist der Tag, an dem Goldfisch Ian so unerwartet aus seinem Glas (und über die Brüstung des Balkons im 27. Stock) fällt, nichts Besonderes. Zumindest für Ian nicht. Obwohl für Ian kein Tag so richtig „besonders“ ist. Sein Gedächtnis ist nicht sonderlich lang, jede Besonderheit wird ruckzuck vergessen. Als er dann aber so unterwegs ist und zu Boden fällt, hat er doch einige Zeit sich über die Welt und das Leben Gedanken zu machen (die er sofort wieder vergisst). Nebenbei erfahren wir als Leser auch einiges über die anderen Bewohner des Hauses (also die, die nicht gerade an der Fassade entlangstürzen)…

Ich habe diesen Goldfisch wirklich unterschätzt. Die Idee, dass Ian auf seinem Fall Geschichten aus dem Leben seiner Nachbarn aufschnappt, fand ich wunderbar, aber doch etwas riskant. Das kann schnell albern wirken oder langweilig. Tut es aber nicht. Denn zwar verfolgen wir Ian und nehmen auch Eindrücke aus seinem Fall mit auf, aber hauptsächlich verfolgen wir einen sehr amüsanten, allwissenden Erzähler kreuz und quer durch dieses belebte Wohnhaus. Wir springen von Geschichte zu Geschichte und lernen viele besondere Charaktere kennen. Eine sozialphobische Sexhotline-Mitarbeiterin ist genauso dabei wie ein sehr sanfter Bauarbeiter, ein Junge mit chronischen Ohnmachtsanfällen und ein streitendes Paar. Alle Geschichten wirken besonders und spannend, sind aber doch gerade noch so alltäglich, dass alles passt. In dieser Häufung ist das natürlich etwas viel, aber wie gesagt es passt zusammen und wird geschickt verbunden. Auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass hier in unserem Wohnhaus jeden Tag so viele Enthüllungen, Krisen und Streits zu finden wären. Zur Atmosphäre des Buches trägt es allemal bei.
Die vielen kurzen Kapitel verführen immerzu zum weiterlesen und immer will man doch noch wissen, wie es mit diesem oder jenem Bewohner weitergeht. Mir nichts, dir nichts wird man so durch die Geschichte gezogen und kann das Buch kaum aus der Hand legen. Einfach schön. Dazu trägt auch die schon erwähnte besondere Erzählstimme des Buches bei. Im alltäglichen werden immer mal wieder kleine Weisheiten entdeckt und wir treffen eben immer wieder Ian.
Wo war ich gerade?
Ach… genau. Also wir treffen diesen Goldfisch, der selbst wirklich nicht viel zum Geschehen beiträgt, aber alle Teile der Erzählung, alle Handlungsschnipsel und Gedanken wunderbar verbindet. Die übrigens alle mit einer schönen Portion Humor und einem leichten Augenzwinkern erzählt werden.

Für mich war „Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel“ bis auf den Titel (viel zu lang!) absolut überzeugend und hat mir einfach Spaß gemacht. Deswegen gibt’s 5 von 5 Goldfischen. Ich meine natürlich Leseratten!

Das Buch in einem Tweet: „Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel“ ist ein Buch für den Urlaub, zum „in einem Rutsch“-lesen und genießen!

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