Rezension: Hand aufs Herz von Anthony McCarten
Als krönenden Abschluss des Diogenes Monats möchte ich euch heute etwas über „Hand aufs Herz“ von Anthony McCarten erzählen. Ja, es gab mit „Liebe am Ende der Welt“ in diesem Monat schon ein Buch dieses Autors, aber „Hand aufs Herz“ hat ganz am Ende etwas mit mir gemacht, von dem ich euch unbedingt berichten muss.
„Hand aufs Herz“ von Anthony McCarten
Diogenes Verlag
336 Seiten
10,90 € (Taschenbuch)
Die Geschichte ist eine irgendwie amerikanische: in einem Ausdauerwettbewerb winkt ein neues Auto als Hauptpreis. Die Teilnehmer müssen dafür die Hand an den Wagen halten und dürfen unter keinen Umständen loslassen. Wer dies am längsten übersteht, ist der große Sieger. Erwartungsgemäß sind die Teilnehmer eines solchen Wettbewerbs die Verzweifeltsten der Verzweifelten: Obdachlose, Drogendealer, Arbeitslose und unsichere Menschen jeder Herkunft. In diesem Buch lernen wir eine Reihe davon kennen, erfahren wie sie für und gegeneinander kämpften und was es mit Rekorden auf sich hat.
Bisher habe ich dieses Buch nie beachtet und weiß nicht, ob ich es gekauft hätte, wenn ich nicht von diesem Autor mittlerweile einfach völlig überzeugt wäre. Da es mich außerdem an die Szenen alter amerikanischer Sitcoms (in „Malcom Mittendrin“ gab es mal genau so einen Wettbewerb) erinnert hat, wollte ich es dann doch lesen.
Im Zentrum der Geschichte stehen zwei Teilnehmer des Wettbewerbs, die unterschiedlicher nicht sein könnten: der von sich selbst völlig überzeugte, siegessichere Tom und die unsichere, unscheinbare Jess. Er ist nach einer Firmenpleite arbeitslos und möchte mit dem Auto einen Neubeginn schaffen, sie ist Politesse und benötigt einen größeren Wagen für ihre behinderte Tochter.
Im Verlauf des Buches beobachten wir den Wettbewerb mal aus ihren, mal aus seinen Augen. Durch die wechselnden Perspektiven tauchen wir in die Gedankenwelt der Beiden ab und erleben so ihre persönliche Entwicklung sehr direkt. Das Buch hatte leider einige Längen und im Mittelteil fragte ich mich hin und wieder, wohin das alles führen wird. Zwar ist wie gesagt ganz klar die Entwicklung der beiden Protagonisten zu erkennen und auch das Verhalten der anderen Teilnehmer bietet interessante Beobachtungsobjekte aber die Handlung schien zu stagnieren.
Dies besserte sich unvermittelt kurz vor Ende des Buches. Zwar ist auch schon vorher abzusehen, wohin die Reise unserer Charaktere gehen würde, doch es ergeben sich noch einige Überraschungen und Wendungen sowie ziemlich plötzlich einige bemerkenswerte, wunderschöne Wahrheiten.
Unbemerkt, in all den Kämpfen, geht es doch irgendwie immer um Liebe. Um die Liebe zu sich selbst, aber auch um die Liebe zu einem Partner, so schmerzhaft das Beides manchmal sein kann. Die Worte, die McCarten dafür am Ende findet, haben mich zum Weinen gebracht. Zwischen viel Alltäglichem (und manchen Gemeinheiten) entdeckt er die Schönheit und das was Menschen verbindet.
Unterm Strich ein Buch das etwas schwächer als die bisherigen Bücher dieses Autors wirkte, mich aber (zum genau richtigen Zeitpunkt) an der genau richtigen Stelle traf. Das macht für mich 4 von 5 Leseratten.
Das Buch in einem Tweet: Ich bekenne mich schuldig: McCarten süchtig im Endstadium. Etwas schwächer aber immer noch extrem berührend auch „Hand aufs Herz“.
Dank dir habe ich überhaupt erst zu diesem Autor gefunden. Und die Liste seiner Bücher, die ich noch lesen will, wird mit jeder Rezension länger.
Liebe Grüße Melissa
Sehe das genauso wie Du, es ist eines seiner schwächeren Bücher. Ich war reichlich enttäuscht, da ich die Idee sehr genial fand. Aber es hat mich nie gepackt. Hast Du schon mal etwas von Fabio Volo gelesen? „Einfach losfahren“ und „Lust auf Dich“ sind einfach nur genial. Auch aus dem Verlag Diogenes.
Beste Grüße