Rezension: Basar der bösen Träume von Stephen King
Es ist passiert. Vielleicht wusste ich, dass dieser Tag irgendwann kommen müsste, aber ich ahnte nicht, dass es ausgerechnet jetzt geschehen würde: ich mag ein Buch von Stephen King nicht. Punkt. Ein Schock, irgendwie.
“Basar der bösen Träume” ist die aktuellste Sammlung von Kurzgeschichten des Meisters. Vier davon sind schon im Rahmen der Aktion “Montag ist KingTag” als einzelne eBook Häppchen erschienen. Tatsächlich sind es in meinen Augen gerade die Perlen der Sammlung, die dort einzeln zu haben sind: “Moral” zeigt wie schnell auch gute Menschen ihre Moral über Bord werfen, wenn der Reiz nur groß genug ist. “Ein bisschen angeschlagen” ist eine typisch düster-makabre Geschichte von Stephen King, perfekt konstruiert und zwar ein wenig durchschaubar, aber dadurch nicht weniger wuchtig. “Batman und Robin haben einen Disput” ist eine tragisch komische Geschichte übers Älterwerden und die plötzliche Eskalation von Konflikten in unserer “zivilisierten Welt”.
Abwechslungsreiche Geschichten, die es schaffen den Leser innerhalb nur weniger Seiten in teils komplexe Situationen zu ziehen. Genau was Kings Kurzgeschichten für mich ausmacht. Geschichten die “hängen bleiben” und einem tatsächlich wie Alpträume nicht mehr aus dem Sinn gehen.
Leider konnte der Rest der Sammlung in großen Teilen nicht mit diesen Spitzen mithalten. Zum Beispiel blieben mir einige Geschichten zu dicht beieinander. “Raststätte Mile 81” und “Herman Wouk lebt noch” bauen subtilen Horror auf der Straße auf, überschneiden sich inhaltlich aber zeitweise auch mit “Ur”, welche thematisch dem Dunklen Turm näher gerückt sein soll. Für mich wirkte es, als wären die Geschichten in dieser Hinsicht nicht ausgewogen ausgesucht.
Aber auch qualitativ habe ich mich bisher in anderen Kurzgeschichten des King wohler gefühlt. Viele Geschichten rauschen so vorbei, wirken ein wenig wie Lückenfüller. Texte, die eigentlich in der Schublade ruhten und nun veröffentlicht werden mussten, so schien es.
Schön sind die Vorworte des Autors vor jeder Geschichte, durchweg interessant gibt es da Informationen zur Entstehungsgeschichte und den Hintergründen, gerade bei Geschichten wie “Mister Sahneschnitte” hat mich das wirklich berührt.
Insgesamt wirkt die Sammlung in meinen Augen dennoch unausgewogen und zum Teil langatmig. Die sehr umfangreiche Geschichte “Ur”, welche King im Auftrag von Amazon zur Promotion des Kindle schrieb, schien für mich tatsächlich ein wenig gezwungen. Die Hinweise auf den Dunklen Turm sind schön gelungen, insgesamt passte die Geschichte für mich atmosphärisch aber nicht zum Rest.
Wer Kings Kurzgeschichten kennenlernen möchte, ist mit den Kurzromanen in “Zwischen Nacht und Dunkel” vermutlich besser dran. Auch diese drehen sich um Schuld und Vergeltung, sind Alptraumhaft aber garantiert mitreißend. Nur 2 von 5 Leseratten.
“Basar der bösen Träume” von Stephen King, erschienen im Heyne Verlag, 768 Seiten, 18,99 € (eBook)
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