Rezension: Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein von Karin Fossum


Damit ein Kriminalroman wirklich spannend ist, müssen es keine ausgeklügelten Morde und dramatischen Motive sein. Im Gegenteil, manchmal sind es gerade die kleinen und leisen Geschichten, die eine besondere Spannung entstehen lassen. In “Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein” von Karin Fossum ist mir genau so eine Geschichte begegnet. Ein junges Paar lebt gemeinsam mit seinem kleinen Sohn in einem Haus an einem idyllischen See. Doch ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit reicht, um alles zu zerstören: der Junge stürzt ins Wasser und ertrinkt. Eigentlich scheint dies ganz klar eine unglückliche Tragödie zu sein, doch es keimen auch leise Zweifel am Geschehen…

Dieses Buch hat auf mich eine eigentümliche Wirkung ausgeübt: einerseits sind einige Aspekte der Handlung sehr schnell offensichtlich, früh sind bestimmte Entwicklungen abzusehen. Andererseits ist die Geschichte dadurch weder langweilig noch platt. Viel mehr sind es die subtilen Zwischentöne und kleinen Details, die durchgehend für Spannung sorgen. Im Verlaufe der Handlung entspinnt sich so aus der eigentlich recht überschaubaren Situation ein echter Kriminalfall.
Dazu kommen eine Reihe interessante moralische Themen, die mich völlig unerwartet trafen und sehr berührten. Karin Fossum zeigt in ihrer Geschichte keine kaltblütigen Mörder und hartherzigen Verbrecher, sondern ganz normale Menschen in emotional schwierigen Situationen. Leider waren die Protagonisten dafür nicht in jeder Hinsicht geeignet, manche Charakterisierungen wirkten recht extrem und dadurch ein wenig unglaubwürdig.

Obwohl ich bisher keinen Roman der Autorin kannte und Kommissar Sejer hier schon im 11. Band ermittelt, konnte ich problemlos in die Reihe einsteigen. Keine übermäßig aufgebauschte (ich hasse wirklich nichts so sehr) Rahmenhandlung über verkorkste Ermittler. Ich kann einfach keine alkoholkranken, frisch geschiedenen Kommissare mehr sehen.

Für mich war Karin Fossum eine echte Überraschung, wo ich einen 0-8-15 Krimi erwartete, entwickelte sich eine viel vielschichtigere Geschichte, insgesamt 4 von 5 Krimileseratten.

“Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein” von Karin Fossum, übersetzt von  Gabriele Haefs, erschienen im Berlin Verlag, 288 Seiten, 9,99 € (Taschenbuch)

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