Rezension: Das Original von John Grisham


John Grisham ist dieser Typ mit den knallharten und (Sorry!) staubtrockenen Anwaltsromanen. Die Akte, der Prozess, der Locher… oder so ähnlich. Zumindest dachte ich das lange Zeit. Eigentlich bis ich „Das Original“ las. Ein spannender und gar nicht so trockener Roman über den Literaturbetrieb. Im Zentrum der Geschichte stehen fanatische Buchsammler, kriminelle Buchhändler und die Originalmanuskripte von F. Scott Fitzgerald.

Gute Zutaten für Leseratten, die (wie ich) „Bücher über Bücher“ lieben. Die Beschreibungen des großen Coups, um den sich dieser Roman dreht, erinnern dabei ein wenig an Kino-Blockbuster wie „Oceans 11“. Aus den Tresoren der Princeton University werden die handschriftlichen Originalmanuskripte von Fitzgerald entwendet. Ein riesiger Verlust für die Universität und ein heikler Deal für die Diebe. Im Folgenden sind nämlich sowohl das FBI als auch die Versicherung der Universität den Manuskripten auf der Spur.

Für mich war der Schreibstil von John Grisham wirklich völlig ungewohnt aber überraschend angenehm. In kurzen Sätzen wird die Handlung wie mit dem Maschinengewehr geschossen erzählt. Da wird auch mal eine ganze Lebensgeschichte auf wenigen Seiten skizziert und trotzdem meint man die Figur ausreichend kennengelernt zu haben. An anderer Stelle wird es dann wieder etwas ausführlicher, etwa wenn die illustren Abende zwischen Autoren beschrieben werden. Aber auch diese Elemente werden nicht übermäßig ausgeschmückt, sondern recht sachlich und zielführend erzählt.

Was mir tatsächlich fehlte war die Bindung und Beziehung zu den Figuren der Geschichte. Zwar gibt es eine junge Autorin, welche, im Zentrum der Geschichte stehend, dem Leser etwas gefühlvoller portraitiert wird, die übrigen Figuren wirken jedoch recht glatt und „porentief rein“. Zu wenige Ecken, Kanten und Macken für meinen Geschmack.

Wer soll nun dieses Buch lesen? Alle, die

  • John Grisham vielleicht endlich auch einmal kennenlernen wollen
  • Bücher über Bücher lieben
  • einen Schmöker für die Winterzeit suchen, der sich süffig weglesen lässt und einige Spannung bietet

Wer sollte dieses Buch eher nicht lesen? Nun, das wären alle, die

  • sich mehr Details und Bezüge zu John F. Fitzgerald erhoffen
  • wirklich anspruchsvolle Literatur erwarten
  • eine Erzählung lieber langsam und atmosphärisch dicht als mit Tempo mögen

 

„Das Original“ von John Grisham, übersetzt von Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter und Imke Walsh-Araya, erschienen im Heyne Verlag, 368 Seiten

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