Rezension: Schiffbruch mit Tiger von Yann Martel
„Schiffbruch mit Tiger“ von Yann Martel
S. Fischer Verlag
527 Seiten
10,00 € (Taschenbuchbibliothek)
Der durch den Film berühmte „Pi“ heißt eigentlich Piscine (französisch für Schwimmbad). Den Namen verdankt er dem ersten Geschäftspartner seines Vaters, der als Wettkampfschwimmer zwei Jahre in Paris studiert hatte. Er lebt mit seiner Familie in Indien, sein Vater leitet einen Zoo und er gehört gleich drei Religionen an und lebt sie auch mit Eifer: Hinduismus, Christentum und Islam.
Das erste Drittel des Buches erklärt seinen Namen, schildert seine frühen Jahre, ist ein Manifest für Zoos und eine Abhandlung über das Verhalten von Tieren und erzählt die Geschichte wie er zu jeder der drei Religionen kam. Diesen Teil fand ich witzig und interessant.
Dann kommen die großen zwei Drittel auf dem Pazifik in dem Rettungsboot zusammen mit dem bengalischen Tiger Richard Parker. Die Geschichte wird nicht chronologisch sondern nach Ereignissen, Erkenntnissen, Kategorien erzählt. Vermutlich wahrscheinlicher, als wenn man Tag für Tag, Woche für Woche vorgehen würde. Das Thema Religion nahm für mich überraschend wenig Raum ein. Viel lieber klärt uns Pi weiter über tierisches Verhalten und die Dressur derselben auf.
Das Buch war zuweilen schleppend. Manche Passagen habe ich gerne und am Stück gelesen, aber oft musste ich mich auch aufraffen, das Buch überhaupt zur Hand zu nehmen. Dennoch ist es ein interessantes und einmaliges Buch.
Alex hatte mich versucht zu motivieren, indem sie meinte: „Am Ende sagt er die Lektion in einem Satz!“ Das tut er auch. Für mich wenig überraschend und auch wenig überzeugend. Dazu muss man jedoch auch sagen, dass ich zu jenen Menschen zähle, denen laut Pi die Fantasie fehlt: den Ungläubigen.
Etwas später erzählte ich von dem Buch und beim Reden versöhnte ich mich damit: Wenn man es weiter fasst, wenn man bedenkt, dass Pi insofern Recht hat, dass der reine Glaube an Wissenschaft und Gesetzmäßigkeiten einem das Leben vergällt. Gut, dann will ich es gelten lassen.
„Schiffbruch mit Tiger“ erhält daher von mir noch (!) vier von fünf Leseratten. Pluspunkte sind die detaillierten Ausführungen zur Tierwelt, die mir als Biologieinteressierten und Zoofreundin gefallen haben sowie die Vielfalt der Geschichte bei aller Eintönigkeit des Plots. Minuspunkte ist die doch schwache Gesamtaussage, die in ihrer Ausführung mir nicht das Herz öffnen konnte und die Langatmigkeit des Buches.
Ich hatte mit dem Buch ganz ähnliche Probleme. Teilweise echt langatmig, dann wieder super. Ich zähle mich selbst zu den Agnostikern, interessiere mich aber für spirituelle Fragen und Ansätze und mochte das Gedankenexperiment des Omnigläubigen. War dann aber doch nicht so interessant wie zuerst gedacht. Am Ende fand ich auch die ‚Tierszenen‘ am besten, die ‚Glaubensszenen‘ eher nicht.
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