Rezension: Aller Liebe Anfang von Judith Hermann
Es kann verschiedene Gründe haben, wenn eine Rezension bei mir lang ungeschrieben herumliegt. Ich bin mir nicht sicher, was ich zu diesem Buch sagen möchte oder muss das gelesene erst verarbeiten und ordentlich „verdauen“. Diesmal lag eine Rezension sehr lang ungeschrieben bei mir herum, weil ich über dieses Buch sehr wenig zu sagen weiß und mich regelrecht darüber ärgere. Denn hier wurde mit ganz viel sprachlichem Geschick und toller Atmosphäre eine große Menge Luft und Klischees verpackt.
„Aller Liebe Anfang“ von Judith Hermann
Fischer Verlag
224 Seiten
19,99 € (Hardcover)
Stella und Jason führen eine glückliche, aber unspektakuläre, Ehe. Die gemeinsame Tochter Ava rundet das Glück der beiden ab und die Drei leben im wahrsten Sinne des Wortes in einer echten Idylle. Am Rand einer beschaulichen Stadt, umgeben von Natur und Frieden. Stellas Leben kommt aus dem Takt, als ein unbekannter Mann beginnt ihr nachzustellen. Jeden Tag kommt der Fremde zu ihrem Haus, bedrängt Stella und lässt Briefe und Geschenke für sie zurück. Die Annäherungen des „Mister Pfister“ bedrücken Stella und bringen sie zur Verzweiflung.
Ich weiß gar nicht, wie ich fair über dieses Buch berichten soll. Ich hatte ganz eindeutig völlig falsche Erwartungen, als ich an diese Geschichte herangegangen bin. Nach einer kurzen Leseprobe der Geschichte, hatte ich eine feine und stille Liebesgeschichte erwartet, habe auf ein kleines Geheimnis rund um den bekannten Mann und vielleicht menschliche Verwicklungen gehofft. All das hat mir „Aller Liebe Anfang“ nicht geboten.
Zwar wird die Geschichte von Stella und Jason kurz umrissen, das Paar wird liebevoll vorgestellt und man bekommt einen netten Einblick in ihre Idylle, mehr als „nett“ ist das aber auch nicht. Wer dann darauf hofft, dass mit dem mysteriösen Fremden irgendeine Spannung in die Geschichte kommt… hat sich geirrt. Das Buch handelt von Stalking, behandelt dieses Thema aber sehr flach und klischeehaft, geht weder auf Gründe noch auf die Dynamiken des Stalking ein. Die „Anspannung“ die auf Stellas Seite ständig thematisiert wird, kann der Text mir nicht glaubhaft vermitteln, vermutlich auch deshalb weil die Protagonistin völlig blass bleibt. Viel Hintergründiges ist über die Charaktere nicht zu erfahren, ich habe mich so wirklich schwer getan, mich in die Geschichte einzufühlen.
Wirklich schön war die Sprache der Autorin. Die Szenen sind so bildhaft und irgendwie malerisch beschrieben, dass es sich einfach schön liest und eine beschauliche Atmosphäre transportiert. Man merkt, dass die Autorin sonst in Kurzgeschichten und Erzählungen zu Hause ist, dort könnte ich ihre Stärken auch viel besser genießen, als in einem echten Roman. Denn für einen Roman fehlte hier einfach die wirkliche Entwicklung der Charaktere, die Spannung oder zumindest der schlüssige Verlauf in der Geschichte.
Ich war mehrmals kurz davor das Buch abzubrechen und habe es nur wegen seiner geringen Seitenzahl (und eben dem Schreibstil) überhaupt noch abgeschlossen. Die inhaltliche Leere und die flachen Charaktere haben mich frustriert und geärgert. Das Thema „Stalking“ derart flach und inhaltslos zu behandeln fand ich nicht angebracht.
Ich habe wegen der Bewertung ziemlich geschwankt, kann aber wegen meinem Ärger nur 1 von 5 tapferen Leseratten vergeben. Viel zu viel Potenzial wurde da verschenkt. Schade!
Das Buch in einem Tweet: „Aller Liebe Anfang“ hat zu wenig Liebe, zu wenig Tiefe, zu wenig Entwicklung… leider viel zu wenig. Sprachlich trotzdem wunderschön!
Übrigens… Petzi von Die Liebe zu den Büchern hat ein wirklich beeindruckendes Buch über Stalking vorgestellt “An jedem einzelnen Tag”. Schaut mal bei ihrer Rezension vorbei.
Zum Thema Liebe haben wir im Rattenbau schon eine ganze Menge für euch zusammengetragen, hier Susis ungewöhnlichste Liebesgeschichten.
Ui, ich dachte immer, dass die Autorin eine sichere Bank wäre. Zugegeben ich hab noch nichts von ihr gelesen, aber man hört ja nur gutes. Mal sehen, ob ich mir mein eigenes Urteil bilde und es mal versuche…oder nicht…
Hallöchen liebe Alex,
ach man na so ein Ärger. Ich bin letzten Sommer immer um das Buch herum geschlichen. Ich wollte es eigentlich wirklich unbedingt lesen. Ich habe es doch nie mitgenommen, weil ich Angst hatte, dass es vielleicht doch nichts für mich sein könnte. Anscheinend hatte ich einen sechsten Sinn! Denn ich habe mich dagegen entschieden das Buch zu lesen und wie ich jetzt feststelle war das auch besser so.
Nun manchmal hat man sowas eben. Gut, dass sowas dann auch niedergeschrieben wird! ;)
Liebst, Lotta