Rezension: Hedy Darling von Jochen Förster & Anthony Loder
Auf den Geschmack gekommen, mal wieder Biografien zu lesen, bin ich mit “Priscilla” von Nicholas Shakespeare. Da ich außerdem eine Leidenschaft für alte Filme hege und ein echter Technik-Fan bin, konnte ich nicht “Nein” sagen zu dieser neuen Biografie: Hedy Lamarr, Hollywood-Diva und Erfinderin des Bluetooth!
„Hedy Darling“ von Jochen Förster & Anthony Loder
Ankerherz Verlag
230 Seiten
29,90 € (Hardcover im wunderschönen Leineneinband)
Am 09.11.1914 wird Hedy Lamarr (damals noch Hedwig Kiesler) in Wien geboren. Als Kind einer sehr wohlhabenden Familie bekommt Sie von den Entbehrungen des 1. Weltkriegs nichts mit. Vom Vater verhätschelt, wächst Hedy als kleine Prinzessin auf, die schon sehr früh merkt, wie ihr hübsches Gesicht ihr Tür und Tor öffnet. Mit 17 Jahren startet sie ihre Schauspielkarriere, die zwar mit einem Skandal beginnt, aber trotzdem kometenhaft aufsteigt. Neben ihrem Ruhm als Hollywood-Diva ist Hedy auch eine äußerst gebildete Frau und trägt später maßgeblich zur Erfindung des Frequenzsprungverfahrens bei, Grundlage des Bluetooth! Als Hedy Lamarr am 19.01.2000 stirbt, ist sie trotz allem verarmt und von der Welt zum Großteil verlassen und vergessen.
Die Lebensgeschichte von Hedy Lamarr hat mich an die Sage von Ikarus erinnert, der zur Sonne fliegt, sich die Flügel “verbrennt” und abstürzt. Auch das Leben von Hedy Lamarr ist die Geschichte eines unglaublichen Aufstiegs, auf den ein umso härterer Fall folgt.
Eigentlich ist Hedy Lamarr unstrittig eine beeindruckende Frau: wunderschön, leidenschaftlich, zielstrebig und intelligent. Sie wird als “die schönste Frau der Welt” betitelt und lässt bekannte Hollywood-Größen vor Neid erblassen. Außerdem ist sie interessiert an Kunst und Kultur und besitzt eine technische Erfindungsgabe, die ihres Gleichen sucht. Ich konnte es erst kaum glauben “Das ist die Biografie einer Frau, die an der Erfindung des Bluetooth mitgewirkt hat?” und sie war eine von Hollywoods bestverdienenden Schauspielerinnen? Judy Garland und Greta Garbo sind uns noch heute ein Begriff, ihr Ruhm währt ewig. Warum hat die Welt Hedy dann so den Rücken gekehrt?
Die Biografie “Hedy Darling” versucht Antworten auf diese Frage zu geben. So werden die verschiedensten Etappen von Hedys Karriere beschrieben, aber es gibt auch ganz private Töne: Anthony Loder, Hedys Sohn, erzählt von seiner Mutter. Er zeichnet das Bild einer Frau, der der eigene Starkult zu Kopf gestiegen ist, die sich irgendwann als Göttin begriff. So wurde aus einem verwöhnten Mädchen eine fordernde und besitzergreifende Frau. Sechs Ehen scheiterten, weil Hedy nie zufrieden war, immer mehr wollte. Ihre Filmkarriere verlief zuerst glanzvoll, doch einige Fehlentscheidungen führten dazu, dass sie sich Stück für Stück selbst abschaffte.
So wurde aus der faszinierenden und erfolgreichen Frau eine kalte, später vielleicht auch verbitterte, Diva. Spätestens als die Schönheit, Hedys großes Kapital, anfing zu verblühen, trieb es sie in die Einsamkeit.
Mich hat die “Hedy Darling” sehr beeindruckt. Als Fan alter Filme bin ich kaum hinterher gekommen, mir mögliche Perlen mitzuschreiben. Ich habe in den unzähligen tollen Bildern geschwelgt und war beeindruckt und zum Teil auch bedrückt von Hedys Lebensweg. Hedy Lamarr ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Vielleicht schafft es diese Biografie, dieser intelligenten Frau, untergegangen in einer oberflächlichen Gesellschaft, ein Stück ihres Ruhms zurückzugeben. Es ist außerdem eine Geschichte, die eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzt und das System-Hollywood in Frage stellt, obwohl es gleichzeitig eine Hommage an dessen Größen ist. Kurz: ich hab’s geliebt, 5 von 5 Leseratten, die sich kaum satt sehen können.
Das Buch in einem Zwitschern: “Hedy Darling” ist die wunderschöne Biografie einer wunderschönen UND intelligenten Frau, die zu Unrecht von der Welt vergessen wurde.
“Alles ist besser mit Bluetooth!” – Sheldon Cooper in Big Bang Theory
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