Rezension: Still von Zoran Drvenkar


Im Januar ist es am Morgen lange dunkel und der Abend dämmert zeitig. Gefühlt ist es also immer kalt, häufig still. Was passt besser zu dieser Atmosphäre als ein Thriller? Und dann noch einer der in Eis und Schnee spielt und seine Spannung aus der Stille bezieht? Nachdem in so vielen Blogs begeistert davon berichtet wurde, habe nun auch ich endlich „Still“ von Zroan Drvenkar gelesen.

drvenkar_still„Still“ von Zoran Drvenkar
Eder & Bach
416 Seiten
16,95 € (Broschiert)

Sobald der Schnee fällt, lauert die Gefahr. Sie kommen und nehmen sich, was wir lieben. Jeden Winter gehen sie auf die Jagd, lauern und kämpfen. Er ist auf der Suche nach seiner verlorenen Tochter, er ist den Jägern dicht auf der Spur und möchte sein Kind wiederbekommen. Bei dieser Suche verliert er ein Stück von sich selbst. Ein Mädchen konnte ihnen entkommen. Sie ist traumatisiert und wartet reglos auf ihre Rückkehr.

Obwohl ich einige Rezensionen und Empfehlungen gelesen hatte, wusste ich nicht, was mich bei „Still“ erwartet. Für mich lebt diese Geschichte vor allem durch die drei spannenden Erzählperspektiven und die atemberaubende Atmosphäre. Die Kapitel sind mit „ICH“, „DU“ und „SIE“ überschrieben und entsprechend in der ersten und zweiten Person Singular bzw. in der dritten Person Plural formuliert. Aus diesen jeweils verschiedenen Perspektiven wird eine Geschichte von Jägern und Beute erzählt. Die Grenzen zwischen “Jäger” und “Beute” verschwimmen aber zum Teil, die Anspannung ist unglaublich und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. „Nur noch schnell das eine Kapitel…“ Immer wenn es spannend wird, reißt uns ein Perspektivwechsel wieder zu einem anderen Strang der Handlung. Da geht es dann so flüssig und sicher weiter, dass kein Verdruss aufkommt, sondern man in diesem anderen Teil der Geschichte einfach nahtlos abtaucht.
Die stetigen Wechsel waren für mich nervenaufreibend, passen aber zur Geschichte. An anderer Stelle stört mich dieser Kunstgriff häufig, ein wenig frustriert war ich auch hier manchmal (wenn ich zu plötzlich aus einer Situation gerissen wurde), aber bei „Still“ macht genau dieser Ablauf den Reiz der Geschichte aus.
Wie schon angesprochen, ist es neben dem Aufbau und der Erzählart vor allem die Atmosphäre, die „Still“ zu einem ganz besonderen Genuss macht. Lest das Buch jetzt schnell noch! Solange es dunkel, grau und kalt ist. Ich habe „Still“ gelesen, während abends der Schnee an die Fenster wehte und hatte das Gefühl mitten in dieser Geschichte zu stecken. Die Beschreibungen von Figuren und Setting sind knapp aber treffend und erzeugen eine unheimliche, beklemmende Stimmung.
„Still“ kommt ohne große Brutalität aus und ist trotzdem hart, die Geschichte ist actionreich aber kein Actionthriller. Für mich stehen vor allem die Aktionen und Reaktionen der Protagonisten im Zentrum des Buches. Wie der verzweifelte Vater Stück für Stück moralische Grenzen übertritt, um seine Tochter zu finden. Wie das verzweifelte Mädchen trotz äußerlicher Reglosigkeit doch Stärke zeigt. Diese Entwicklungen haben das Buch für mich wirklich spannend und besonders gemacht.

Ich kann nicht meckern, das Buch hat mich mitten in einen Thriller-Lese-Rausch gerissen und verdient 5 von 5 Leseratten.

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