Rezension: Der namenlose Tag von Friedrich Ani
Für viele Leser ist Friedrich Anis Name fest mit seinem Ermittler Tabor Süden verknüpft. Ich kenne die Romane rund um Tabor Süden nicht, habe den Autor jetzt aber mit seinem neuen Roman „Der namenlose Tag“ kennenlernen dürfen. Ein beeindruckendes Leseerlebnis!
„Der namenlose Tag“ von Friedrich Ani
Suhrkamp Verlag
301 Seiten
19,95 € (Hardcover)
Der 14. Februar wird für Doris und Ludwig Winther für immer mit unaussprechlichem Leid verbunden sein. Vor nunmehr 20 Jahren erhängte sich ihre damals siebzehnjährige Tochter Esther im Park. Anzeichen gab es keine, Esther war ein lebenslustiges und fröhliches Mädchen. Es bleiben die nagenden Zweifel der Eltern, ob es nicht doch ein Mord gewesen sein könnte. Als Doris Winther ihrer Tochter in den Freitod folgt, bleibt für den verlassenen Vater nur ein Weg: er muss dem Tod seiner Tochter auf den Grund gehen. Er wendet sich an den pensionierten Polizisten Jakob Franck.
Das Bild des pensionierten Kriminalbeamten, der sich eines vergessenen Falles annimmt, ist fast schon klassisch. Und obwohl Friedrich Anis Protagonist Franck auch einige weitere Klischees bedient, wirkt er doch nicht klischeehaft. Mit Franck lernen wir einen ebenso ruhigen wie einfühlsamen Charakter kennen und bekommen durch ihn einen ganz besonderen Blick auf das Leben und vor allem den Tod. Der direkte Bezug des Charakters zu Todesfällen und seinen Toten wirkt fast liebevoll und verbreitet eine ganz besondere, andächtige Stimmung.
Dazu trägt auch Friedrich Anis toller Stil bei: wichtige Episoden der Geschichte werden wiederholt beleuchtet. Verschiedene Ausschnitte bedeutender Szenen mehrfach neu und anders erzählt. Diese gedoppelten Teile wirkten dabei auf mich keineswegs langweilig, vielmehr transportieren sie eine ruhige Atmosphäre in der kleinste Hinweise an besonderer Bedeutung gewinnen.
Die Kunst kleinste Details, Stimmungen und Informationen bildhaft zu verpacken, beherrscht Friedrich Ani ohne Zweifel. Die Geschichte nimmt mit und baut trotz aller Ruhe eine gewisse Spannung auf. Einzig die (zu?) tiefen Abschnitte rund um Ermittler Franck, seine Gewohnheiten und Hintergründe haben meine Begeisterung etwas gebremst. Hier findet sich die Vorbereitung zu folgenden Bänden, für meinen Geschmack wäre es für die Geschichte aber nicht nötig gewesen.
Unterm Strich hat mich Friedrich Ani mit seinem wunderbaren Schreibstil und dem Händchen für eine besondere Atmosphäre von sich überzeugt: 4 von 5 Leseratten!
Das Buch in einem Tweet: „Der namenlose Tag“ lebt von seiner Atmosphäre, von ruhiger Spannung und einem charismatischen Protagonisten. Ein wunderbares Leseerlebnis!
Friedrich Ani ist auch so ein Autor, von dem ich schon lange mal was gelesen haben wollte…
Danke für die Rezension!
Liebe Grüße
Melissa