Rezension: Das Feld von Robert Seethaler
Was sieht ein Mensch, wenn er nach dem Tod auf sein Leben blickt? Welche Momente, Menschen und Entscheidungen bleiben hängen und machen ein Leben aus?
In Robert Seethalers neuem Roman „Das Feld“ kommen sie zu Wort. Die Toten eines kleinen Ortes, gemeinsam zur letzten Ruhe gebettet auf dem Friedhof des Dorfes, einem ehemaligen Feld. Dort wachsen nun Seelen statt Pflanzen und erzählen ihre Geschichten.
Bisher kannte ich Robert Seethaler aus seinen humorvollen, schnellen Erzählungen. Seine Romane „Die Biene und der Kurt“ oder „Die weiteren Aussichten“ lebten von skurrilen Figuren, die in der Provinz auf das große Leben treffen.
„Das Feld“ schlägt nun deutlich ernstere, reifere Töne an. Es ist viel tiefgründiger, nachdenklicher und teilweise unglaublich traurig. Immer wenn sich eine Erzählung dem Tod ihres Protagonisten nähert, wurde mir schwer ums Herz. Dazwischen ist der Humor des Autors trotzdem zu sehen. Zum Beispiel dann, wenn ein Toter nur ein einziges Wort zu seinem Leben zu sagen hat:
„Idioten.“
Das Buch liest sich wie eine Mischung aus einem Roman und einer Sammlung von verdammt guten Kurzgeschichten. Immer wieder überschneiden sich die Geschichten einzelner Figuren, manche wiederum stehen ziemlich für sich. Auch der Fokus ist in jeder Erzählung ein anderer. Das zeigt toll, wie unterschiedlich der Blick auf das Leben von Person zu Person ist. Ein spannender aber auch bedrückender Gedanke, was es wohl sein wird, was uns nach dem eigenen Tod beschäftigt.
Für mich persönlich war das Buch manchmal schwere Kost, gleichzeitig aber war es eine angenehme Schwere. Robert Seethaler spart manches traurige Detail aus, erzählt die Geschichen der einzelnen Figuren aber mit einer schönen Tiefe.
Wobei sich ihre Stimmen immerhin leicht unterscheiden. Der manische Pfarrer erzählt von seinem Leben anders, in einem anderen Tempo, als die kinderlose Schuhverkäuferin. Trotzdem ist es Robert Seethalers ganz eigener Stil, mit seinen für ihn typischen ganz präzisen Beschreibungen und Beobachtungen, der dieses Buch ausmacht.
Und am Ende ist es viel zu schnell vorbei. Dieses Buch und das Leben. Das mag jetzt vielleicht ein wenig überdramatisch klingen, aber genau dieses Gefühl ist es, was mir nachhing, als ich die letzte Seite umschlug. Robert Seethaler hat es geschafft, die Sehnsüchte, Wünsche und Träume, aber auch Enttäuschungen und Verluste eines Lebens aufs Papier zu bringen und führt mir damit vor Augen, wie kostbar das alles ist.
Werbung | „Das Feld“ von Robert Seethaler, erschienen im Hanser Literaturverlag, 240 Seiten, 22,00 € (Hardcover)
Das Buch ist vorhin auf meine Leseliste gerutscht.
Neri, Leselaunen