Interview mit Patrick Wirbeleit und Max Fiedler: Warum ein Igel im Rollstuhl auch Inklusion ist.


Immer wieder fragen mich Menschen nach besonderen Buchtipps, in denen Inklusion richtig gut gemacht wird. Und beinahe immer nenne ich ein Buch: „Antonia war schon mal da“ von Patrick Wirbeleit und Max Fiedler.

Zugegeben, Bilderbücher gehören sonst nicht zu den Genres, die ich hier üblicherweise bespreche. Natürlich kann ich erzählen, dass das Buch ziemlich bezaubernd illustriert und gereimt ist. Aber eine wirkliche Rezension? Naja. Trotzdem ist es wichtig, dass auch dieses Buch endlich hier auf meinem Blog zu finden ist. Damit es möglichst viele Eltern, Erzieher*innen, Onkels und Tanten, Omas und Opas entdecken und kleinen Leser*innen damit eine Freude machen.

Denn im Buch gibt es einen  kleinen Igel im Rollstuhl, der so natürlich in die Geschichte eingebunden ist, dass ich jedes Mal ein bisschen mehr verliebt bin. In der Geschichte geht es um Freunde, die eine Reise unternehmen. Der Igel ist einfach ein Teil dieser Freundegruppe. Und anders als in Büchern, die sich mit Inklusion schmücken, passiert sie hier ganz natürlich.

Aber weil niemand besser über dras Buch sprechen kann als die Autoren, habe ich ihnen ein paar Fragen gestellt und spannende Antworten bekommen :).

Interview mit Max und Patrick

Lieber Patrick, lieber Max, vielen lieben Dank, dass ich euch ein paar Fragen stellen darf! Euer gemeinsames Buch “Antonia war schon mal da” ist eines, das ich immer wieder empfehle, leider fehlte es bisher auf meinem Blog. Deswegen freue ich mich umso mehr, dass ihr euch Zeit für mich genommen habt.
Damit meine Leser*innen euch ein bisschen besser kennenlernen können, wäre es nett, wenn ihr euch kurz vorstellt.

Patrick: Ich bin der Autor der Geschichte „Antonia war schon mal da“. Ich illustriere und schreibe Bücher für Kinder seit knapp 20 Jahren.
Max: Mein Name ist Max Fiedler, ich bin seit 20 Jahren selbständiger Illustrator, Animationszeichner und Game-Designer. Ich lebe mit meiner Frau und drei Kindern in Düsseldorf.

 

Sagt mal, wie kommt man eigentlich dazu Kinderbücher zu illustrieren bzw. zu schreiben? Wolltet ihr das schon immer machen oder vielleicht doch früher etwas ganz anderes werden?

Patrick: Ich wollte als Jugendlicher freischaffender Künstler werden. Da mir aber klar war, dass man damit nur schwer Geld verdienen kann, habe ich zunächst eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann gemacht. Auch eine Lehre als Raumausstatter habe ich begonnen, diese aber dann am Ende zugunsten der Kunst doch aufgegeben. Ich habe mich dann einige Jahre als freier Künstler durchgeboxt und mit Nebenjobs über Wasser gehalten. Einer der eher angenehmeren Jobs war das Illustrieren von Texten für Magazine.
Die Geburt meiner Tochter weckte dann mein Interesse für Kinderbücher. Ich hatte dann das Glück in diesem Bereich der Illustration als Quereinsteiger einen Platz zu finden. Die freie Kunst habe ich daraufhin komplett an den Nagel gehängt.“
Max: Ich wollte nicht direkt Kinderbuchillustrator werden, aber auf jeden Fall Illustrator. Schon als Kind habe ich jedes Jahr unsere Familien Weihnachtskarte gezeichnet, das war sozusagen mein erster Job, der bis heute andauert ;D
Als Teenager habe ich längere Zeit Graffiti gesprüht, aber nebenher auch immer gezeichnet. Danach habe ich mich sehr für Comics interessiert und zusammen mit Freunden ein Comic-Fanzine gemacht. Von 1999 bis 2004 habe ich in Düsseldorf an der Fachhochschule Grafik Design studiert mit dem Schwerpunkt Illustration und Animation.

“Antonia war schon mal da” handelt von Freunden, die sich auf verschiedene Abenteuer begeben. Was ist für euch die wichtigste Botschaft der Geschichte?

Patrick: Ich fürchte, in meiner Grundidee war keinerlei Botschaft angelegt. Der Spaß am Reimen stand bei mir im Vordergrund. Die Botschaft und der eigentliche Wert der Geschichte wurde von Max durch seine Illustrationen hinzu gefügt.
Max: 5 Freunde, die alle ganz verschieden sind, haben gemeinsam eine super tolle Zeit.

Wie kam es zu der Entscheidung einen kleinen Igel im Rollstuhl mit in die Geschichte zu zeichnen? Und besonders an Max die Frage: Wie gehst du vor bei der Konzeption von Figuren?

Max: Die Figur des kleinen Igels ist angelehnt an meine kleine Tochter, die auch im Rollstuhl unterwegs ist. Als ich das Buch gezeichnet habe, war Lucie erst ein Jahr alt und ihr großer Bruder Theo zwei – bestes Vorlesealter also ;) Ich wollte 5 Freunde zeigen (eigentlich 6, wenn man den kleinen Marienkäfer mitzählt), die gemeinsam Abenteuer erleben und ein super Zeit haben. Das eine Figur im Rollstuhl fährt, sollte nicht im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Mir war wichtig, das als normalen Bestandteil des Buches zu zeigen. Eine Sache, die ich seit der Geburt meiner Tochter in Kinderbüchern gesucht habe, ich aber nur sehr selten fündig geworden bin. Es gab da ein Wimmelbuch, dass wir mal in der Bücherei ausgeliehen hatten, bei dem man ein Mädchen im Rolli beobachten konnte, dass über mehrere Seiten alleine einkaufen fährt. Das zu sehen, hat mich sehr berührt und begeistert.

Der Igel sollte einfach mit auf Reisen gehen und eventuell auftauchende Probleme wie steile Hänge eines verschneiten Berges oder eine hohe Blumenwiese werden ganz selbstverständlich mit der Hilfe der Freunde gemeistert.
Mein Ziel war, daß die LeserInnen den Igel einfach als die tolle Person sehen, die sie ist und sie nicht bemitleiden.

 

Welches meine Lieblingsfigur ist, hat man nun natürlich ein ganz kleines bisschen gemerkt ;), aber wie sieht’s bei euch aus? Könnt ihr kurz ein paar Worte zu Antonias anderen Freunden sagen? Wen mögt ihr da am liebsten?

Patrick: Ich mag grundsätzlich alle Figuren die Max zeichnet. Denn in jeder Figur steckt immer etwas von ihm drin. Und da Max so ein warmherziger und toller Mensch ist, schimmert dies auch immer in seinen Zeichnungen durch. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich auch den Igel wählen. Der ist einfach zu süß!
Max: Hehe, meine Lieblingsfigur ist auch der Igel und der kleine Marienkäfer, den es auf jeder Seite zu suchen gilt. Früher durfte ich immer die kleine Maus suchen in der Brigitte Zeitschrift, das mochte ich sehr als Kind ;)
Patrick hatte die Geschichte im Script gar nicht mit Tieren angelegt. Ich konnte ihn aber sofort von der Idee überzeugen, für die reisenden Freunde Tiere zu nehmen. Ich finde Tiere bieten für Kinder eine viel größere Projektionsfläche als eine menschliche Figur. Der Igel zum Beispiel, aber auch der Specht ist auch nicht geschlechtsspezifisch dargestellt. Die Kinder können sich so leichter mit ihnen identifizieren. Die Vielfalt in der Tierwelt ist für mich als Zeichner super interessant, hilft mir aber auch die Verschiedenheit der Figuren zu unterstreichen.

 

Woher nehmt ihr eure Ideen und Inspirationen? Gibt es Projekte, die euch besonders viel Spaß machen?

Patrick: Inspirationen findet man überall. Wichtig ist nur, dass man eine offene Denkweise hat, damit sich Informationen im Kopf miteinander zu einer neuen Idee verbinden können.
Comics für Kinder zu schreiben bereitet mir besonders viel Spaß. Und alle Gelegenheiten, bei denen ich mit meinem Freund Andy zusammen arbeiten kann.
Max: Seitdem ich eigene Kinder habe und ich die Welt ein kleines bisschen durch ihre Augen sehen darf, kann ich mir nichts schöneres vorstellen als Geschichten für Kinder zu zeichnen. Das hatte ich mir für meinen Beruf gar nicht so richtig vorgenommen, aber alles hat sich doch ziemlich linear dorthin entwickelt :)

Was macht für euch ein gutes Kinderbuch aus?

Patrick: Dass Kinder Spaß damit haben.
Max: Ich finde auch, das ein gutes Kinderbuch zu allererst Spaß machen muss. Die Geschichten können gerne auch spannend und ein wenig gefährlich sein.
Wichtige Themen wie Diversität, Mitgefühl, Freundschaft und Respekt zu transportieren ist ebenfalls super, es sollte aber nicht aufgesetzt sein, sondern sich gut in die Geschichte einfügen. Manchmal sind Kinderbücher doch sehr belehrend und zu sehr aus der Erwachsenenperspektive geschrieben, das mag ich nicht gern.

Wir wissen schon, dass ihr toll zeichnen, reimen und euch die schönsten Geschichten ausdenken könnt. Jetzt zum Abschied würde mich interessieren… Habt ihr noch geheime Talente von denen bisher niemand weiß? ;)

Patrick: Ich bin Vegetarier, kann aber dennoch ein super Ossobuco kochen.
Max: Ich hab eine leichte Rot-Grün-Schwäche und meine farbigen Illustrationen kommen alle noch einmal unter die fachkundigen Augen meiner Frau ;)

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt mir die Fragen zu beantworten! Ich hoffe, dass Antonia und ihre Freunde noch viele kleine und große Leser*innen begeistern werden.

Patrick: Gerne. Vielen Dank für Dein Interesse!
Max: Sehr gerne! Danke dir!

 

„Antonia war schon mal da“ von Patrick Wirbeleit und Max Fiedler ist im Reprodukt Verlag erschienen. Werbung: Wenn du mich unterstützen möchtest, kannst du das Buch (oder beliebige andere) über meine Partner genialokal, Hugendubel, Bücher.de kaufen. Folge dafür einfach den Links, Danke!

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