Rezension: Alles über Lulu von Jonathan Evison
Wenn die liebe Mara ein Buch vorstellt, das ganz verdächtig nach Kitsch-Roman aussieht, schaue ich mir das lieber zweimal an. In der Regel ist es dann nämlich kein Kitsch, sondern irgendeine tolle Entdeckung, für die ich sonst ungerechterweise keinen Blick verschwendet hätte. So hat auch hier ein kleines Instagram-Bild gereicht um mich näher nachschauen zu lassen…
„Alles über Lulu“ von Jonathan Evison
Kiepenheuer & Witsch
384 Seiten
9,99 € (eBook)
Will scheint in die falsche Familie geboren worden zu sein: im Gegensatz zu seinem Vater Big Bill und den Zwillingen Doug und Ross ist er ein Schwächling und eher introvertierter Junge. Seit dem Tod seiner Mutter steht er dadurch allein da und ist irgendwie immer der Außenseiter der Familie. Big Bill und die Zwillinge gehen im Body Building auf und unterstützen und stärken sich dort gegenseitig. Will bummelt hinterher und langweilt sich bei den ewigen Fitnessstudio-Besuchen. Erst als Big Bill eine neu Frau kennenlernt und mit ihr Lulu im Haushalt einzieht, findet Will eine Verbündete. Lulu wird seine Stiefschwester und beste Freundin, seine einzige Vertraute. Ewig könnte das so weitergehen… geht es aber leider nicht. Irgendwann wird Lulu älter und möchte schließlich gar nichts mehr von Will wissen, der ihr aber weiter völlig verfallen ist.
Das Buch hatte mich ja schon auf der ersten Seite für sich eingenommen. Da gibt es dieses wunderschöne Zitat:
„Manchmal fällt der Apfel eben weit vom Stamm, und gelegentlich rollt er dann den Berg runter und in den Bach, und bisweilen wird er sogar stromabwärts gespült oder gerät in einen Strudel.“
Dieser Satz zeigt ganz viel von dem was auch das weiter Buch ausmacht: Witz und Weisheit, ganz toll verbunden in einer feinen aber doch sehr leichten Sprache. Da will man einfach immer weiter lesen! Und die Gefühle, die da beschrieben werden, kennt vermutlich so gut wie jeder aus seiner eigenen Jugend. Ein bisschen unverstanden oder ziellos haben wir uns ja zeitweise alle gefühlt, dies mit Will noch einmal zu durchleben ist aber nicht peinlich sondern wirklich unterhaltsam.
Der Grund dafür, dass sich das alles so unterhaltsam liest und ich so einen direkten Zugang gefunden habe, ist ganz eindeutig Will. Er ist ein sehr starker Protagonist, eben durch seine Schwäche. Er ist sympathisch und feinfühlig, verletzlich und ziemlich hintersinnig witzig. Und obwohl Will so gar nicht zum Rest der Familie passt, gibt es doch auch innerhalb der Familie immer wieder leichte Annäherungen, über die ich mich dann mit Will freuen konnte.
Die Geschichte von Will und Lulu ist ganz und gar keine klassische Liebesgeschichte und natürlich geht es trotzdem im ganzen Buch um Liebe, die vielfältigen Beziehungen innerhalb der kleinen Familie sind wirklich facettenreich und entwickeln sich zum Teil sehr rührend. Dazu kommt eine gewisse Portion Spannung. Dadurch das Lulus Charakter zum Teil sehr schleierhaft bleibt und man sich immer nur fragt, was mit diesem Mädchen los ist, muss man definitiv weiterlesen. Bei aller Nettigkeit und Leichtigkeit ist „Alles über Lulu“ also definitiv keine Geschichte die langsam dahinplätschert. Durch eine Menge Nebencharaktere und Nebenhandlungen (vom Hot Dog Business über die Body Building Weltmeisterschaften) windet sich die Geschichte ihrem Höhepunkt entgegen.
Der… nun, tja… der Höhepunkt der Geschichte ist leider mein einziger echter Kritikpunkt am Buch. Eine Lösung der Konflikte tritt zu Tage, die schon sehr früh zu erahnen ist. Ich hatte während des ganzen Buches die sichere Hoffnung, dass das doch vermutlich nur eine Ablenkungstaktik ist und Lulus großes Geheimnis doch noch anders enthüllt werden würde. Wurde es leider nicht, das war ziemlich schade. Den Genuss vorher hat es mir aber nur ein wenig gedämpft.
Unterm Strich vergebe ich 4 von 5 Leseratten für eine Liebes- und Familiengeschichte mit tollen Charakteren, ein wenig im Stil von „Liebe und andere Parasiten“ oder „Die Wahrheit und andere Lügen“.
Das Buch in einem Tweet: „Alles über Lulu“ handelt von Body Building und Jugend, Liebe und Außenseitern, Familie, kleinen und großen Träumen.
[…] Geschichte geärgert und war nicht ganz einverstanden mit dem, was die Autoren da getan haben. Bei “Alles über Lulu” von Jonathan Evison zum Beispiel war das Ende “nicht schlecht” und das naheliegendste der möglichen Alternativen. […]
[…] sind (z.B. “Alles über Lulu”, in diesem Buch wird charmant und witzig, frisch die Liebe eines Jungen zu einem ganz besonderen […]
[…] ich aber entdeckte, dass es tatsächlich aus der selben Feder stammt wie die wunderbare Geschichte “Alles über Lulu” konnte ich keine Sekunde länger warten… was soll ich sagen?! Es hat sich […]
[…] Evison schreibt Geschichten über ganz normale, völlig verrückte Menschen. Seine beiden Bücher “Alles über Lulu” und “Umweg nach Hause” haben mich deshalb ziemlich begeistert und vor allem für seinen […]