Rezension: Dark Matter. Der Zeitenläufer von Blake Crouch


Die Viele-Welten-Theorie der Quantenmechanik besagt grob formuliert, dass jede mögliche Vergangenheit wie Zukunft real ist. In irgendeiner parallelen Welt existiert eine Version von dir, welche genau die Entscheidungen, die du so bereust, gar nicht getroffen hat. Oder vielleicht auch Schlimmeres tat. Daraus folgt eine unendlich große Anzahl von Welten, in der jede mögliche Version unserer Realität existiert.

Niemand weiß das so gut wie Jason Dessen, die Hauptfigur aus “Dark Matter. Der Zeitenläufer”. Jason ist Physiklehrer, lebt zusammen mit seiner reizenden Frau und einem netten Sohn ein beschauliches Vorstadtleben. Eigentlich ist Jason aber auch preisgekrönter Quantenphysiker, der nur für seine Arbeit lebt. Eines Tages kreuzen sich die verschiedenen Existenzen von Jason auf spektakuläre Weise und alles dreht sich um die Frage “Bist du glücklich?”.

Keine Angst, obwohl “Dark Matter” auf einer wirklich komplexen Theorie der Quantenmechanik beruht, ist das Buch nicht besonders wissenschaftlich oder kompliziert. Es legt ein flottes Tempo vor und ist unglaublich spannend, die physikalischen Hintergründe werden geschickt eingewoben. Die komplizierten Theorien werden mit verschiedenen Bildern gut umschrieben und bieten den perfekten Boden für ein spannendes Gedankenexperiment.

Denn immer wieder im Buch fragt sich Jason, welche Existenz wohl “die Perfekte” ist? Welches Leben soll er wählen? Ich persönlich finde die Viele-Welten-Theorie gleichermaßen beängstigend wie wunderbar. In “Dark Matter” wird der Leser zusammen mit der Hauptfigur durch eine ganze Reihe möglicher Realitäten geschubst und kommt so unwillkürlich ins Grübeln.

Manchmal waren mir die Versionen aus Jasons Wirklichkeit übrigens ein bisschen zu extrem. Im Buch wird erklärt, dass die Welten durch Entscheidungen entstehen und so oft nur in wenigen Details verzweigt und unterschiedlich sind. Trotzdem landet Jason in der Geschichte immer wieder an völlig exotischen und fast schon dystopischen Schauplätzen. Dadurch wird die Geschichte um einiges actionreicher, sie wäre aber auch ohne diesen Dreh wirklich spannend gewesen.

Für mich ist “Dark Matter” eine tolle Mischung aus “Popcorn-Kino” und Futter für den Kopf. Ein Buch, das absolut zum Mit- und Nachdenken anregt, aber auch für gute Unterhaltung sorgt. Eine schöne Mischung, die mir wirklich gut gefallen hat.

Am meisten berührt hat mich tatsächlich ein Satz aus dem Nachwort des Buches. Blake Crouch betont, dass es im Buch darum geht, dass man sich entscheiden muss.

Indem wir eine Entscheidung treffen, erhalten wir die Möglichkeit zu bestimmen, wer wir sind.

In unserer Gesellschaft herrscht der Wunsch nach Perfektion. Aus dem Drang heraus möglichst immer richtig zu entscheiden, immer die beste Version unserer Selbst zu werden, verharren wir manchmal in einer Zwischenstufe. Manche Menschen möchten keine verbindlichen Beziehungen mehr eingehen (Was ist, wenn ein anderer Partner der/die bessere wäre?) oder wagen nicht zu wählen in welchem Beruf sie sich glücklich fühlen würden. Doch in dieser Zwischenstufe, können wir uns nicht entwickeln. Erst Entscheidungen bilden unsere Persönlichkeit und diese muss ganz und gar nicht perfekt sein.

Obwohl mir einige Entwicklungen im Buch zu bizarr waren und die Figur von Jason noch etwas besser hätte charakterisiert werden können, hat mir dieses Buch wirklich gut gefallen. Man kann es als actiongeladenen SciFi-Thriller oder als flottes Gedankenexperiment lesen, beides unterhält.

“Dark Matter. Der Zeitenläufer” von Blake Crouch, übersetzt von Klaus Berr, erschienen im Goldmann Verlag, 416 Seiten, 16,00 € (Klappenbroschur)

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4 Comments

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  1. 1
    Mira Alexander

    Hallo Alexandra,

    vielen Dank für diese Rezension, kommt sofort auf meine Liste. Das Buch hört sich wie die Romanversion von „Verborgene Universen“ von Lisa Randall, das zwar kein Roman ist, dennoch sehr unterhaltsam geschrieben ist. Ich habe mich schon lange gefragt, wie wohl ein Roman dazu aussehen könnte. Jetzt habe ich eine der Antworten (die, die dieses eine Universum betrifft :-) ).

    Alles Gute
    Mira

  2. 2
    Susa

    habe es gestern Abend zugeklappt. Die Thematik beschäftigt mich schon intensiv seit „Interstellar“, jetzt möchte ich auch gerne einen Tesseraktlüster über den Esstisch :-))))
    lg,
    Susa

  3. 3
    Sebastian

    Mir hat das Buch auch sehr gut gefallen, vor allem die vielen Gedankenspiele waren wirklich sehr faszinierend und haben sehr zum Nachdenken angeregt.

    Das Ende hatte für mich zwar ein paar logische Schwächen, trotzdem ist „Dark Matter“ insgesamt ein wirklich guter und origineller SciFi-Thriller.

    Das deutsche Cover finde ich allerdings nach wie vor ein wenig seltsam – einerseits passt es natürlich gut zum Titel, andererseits sieht es für mich aber immer so aus wie ein vorläufiges Cover :D

    Von Blake Crouch kann ich im Übrigen auch sehr die Wayward-Pines-Trilogie empfehlen ;)

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