Bilder meiner besten Freundin


Auf Bildern in den sozialen Medien zeigen wir uns von unserer schönsten Seite. Mit dem idealen Licht, einem schönen Filter und natürlich in vorteilhaften Posen setzen wir uns digital in Szene. Denn auch wenn wir alle gern beteuern, dass es Zeit für #mehrRealitätAufInstagram ist, gibt’s hier bisher kaum Bilder von unaufgeräumten Küchen und erschöpften Menschen. Als ich mich ungeschminkt und krank, mit Sauerstoffmaske im Krankenhaus fotografiert habe, sind mir sofort knapp 10 Leute entfolgt. Farbenfrohe Bilder neuer Bücher und das Lächeln glücklicher Tage kommen besser an.

„Bilder meiner besten Freundin“ von Silvia Avallone thematisiert diesen Zwiespalt zwischen Realität und Darstellung, diese Macht der Bilder. Dafür wird die Geschichte von zwei ungleichen Freundinnen erzählt: Bea, die sich präsentiert, sich in Fotografien neu erfindet und Elisa, die sie ansehen muss. 

„So wie es für lange Zeit sein sollte: vor und hinter dem Spiegel, dem Fotoapparat, dem Computer, sie im Licht und ich im Schatten, sie, die redet, und ich, die ihr zuhöre, sie, die sich entfaltet, und ich, die sie anschaue.“ 

Die beiden Mädchen lernen sich kennen, als das Internet gerade in seinen Anfängen steckt. So wird das Aufkommen der sozialen Medien erzählt und der Veränderungen, die das mit sich bringt.  Sie verbringen die wichtigste Phase ihrer Jugend miteinander, aber verlieren sich doch auf dem Weg. Irgendwann bleiben nur die Bilder zurück. Aus der Perspektive von Elisa wird die Geschichte dieser Freundschaft dann, viele Jahre später, noch einmal aufgerollt und wir bekommen einen Blick darauf, warum sie auseinanderbrach.

„Bilder meiner besten Freundin“ war für mich keine ganz einfache Lektüre, obwohl ich die Geschichte inhaltlich super fesselnd und spannend fand. Aber die sperrige Sprache mit ihren langen und schachteligen Sätzen hat mich immer wieder gebremst. Der Rhythmus des Erzählens ist eher eigenwillig. Es gibt immer wieder bremsende Einschübe und die Sätze sind abschweifend verfasst.

Trotzdem lohnt es sich dran zu bleiben. Der Roman behandelt spannend die Bedeutung von Fotos als Erinnerung daran, was man verloren hat. Es geht um Augenblicke, die man zurückhaben will, Menschen die man vermisst. Auf die sozialen Medien übertragen wird das dann im Verlauf der Handlung noch drastischer gezeigt: man vergleicht sich nicht nur einer besseren (weil jüngeren) Version von sich selbst, sondern mit all den perfekten Menschen weltweit. 

Obwohl die sozialen Medien ein wichtiger Aspekt der Geschichte sind, einen großen Teil der Botschaft tragen, nehmen sie nur wenig direkten Rau mein. Die ganze Wucht dessen ist eigentlich auf den letzten 100 Seiten versammelt.

„Es ist nur ein Wettstreit, wer dem anderen mehr wehtut, jedenfalls meiner Erfahrung nach.“ 

Ich mag es außerdem sehr, dass eine nicht perfekte Familie im Zentrum der Handlung steht. Dabei werden aber nicht die üblichen Dramen abgearbeitet (wie Alkoholismus etc.). Vielmehr handelt es „schlicht und einfach“ von der Überforderung junger Eltern lesen. Weil die selbst noch auf der Suche nach sich und dem Familienleben nicht gewachsen sind. 

Ich habe zwar sprachlich ziemlich mit dem Roman gehadert. Aber vielleicht ist es auch nötig, dass das Buch phasenweise so langsam ist. Das gibt der Handlung Zeit. Es gibt Zeit sich mit der Entwicklung der Figuren und dem Thema zu beschäftigen. Und da stecken ja noch so viele Fragen in der Geschichte: Was ist eine Freundschaft? Gibt es Freundschaften im Internet? Welche Wahrheiten geben wir (online wie offline) von uns preis?

„Es gelingt mir nicht, sie scharf zu stellen, während sie sich entfernt.“

 

„Bilder meiner besten Freundin“ von Silvia Avallone, übersetzt von Michael von Killisch-Horn, erschienen im Hoffmann und Campe Verlag, 496 Seiten. Werbung: Wenn du mich unterstützen möchtest, kannst du das Buch (oder beliebige andere) über meine Partner genialokal, Hugendubel, Bücher.de kaufen.

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