Der Geschmack von Butter


Magst du den Geschmack von Butter? Ziemlich egal, nach der Lektüre von Asako Yuzukis Roman „Butter“ wirst du vermutlich großen Appetit darauf haben. So erging es zumindest mir… und ich mag Butter noch nicht mal.

Der Roman handelt von der Journalistin Rika. Mit Hilfe eines spektakulären Interviews möchte sie endlich in der Redaktion des Magazins, für das sie arbeitet, auf sich aufmerksam machen. Ihr Traum ist es ihre Position zu verbessern. Sie will selbst Texte schreiben dürfen, statt immer nur Korrekturen lesen zu müssen. 

Für diesen Durchbruch sucht sie sich einen besonderen Fall: sie will die Serienmörderin Manako Kajii exklusiv zu ihren Taten befragen. Manako Kajii wird vorgeworfen drei ihrer Liebhaber ermordet zu haben. Die Männer starben unter seltsamen Umständen während ihrer jeweiligen Beziehungen mit Manako. Diese hat sie umsorgt und bekocht aber auch finanziell ausgenutzt und nach ihren Vorstellungen manipuliert. Aber Manako Kajii spricht nicht mit den Medien.

Ganz behutsam versucht Rika also ihr Vertrauen zu gewinnen. Schnell wächst dabei ihre Faszination für die andere Frau. Da, hinter der Plexiglasscheibe des Gefängnisses, sitzt eine Frau, die so ganz anders ist als sie, aber vor allem: so zufrieden. Wie kann das sein?

In ihrer Phantasie ist Manako eine Femme fatale, eine begehrte und umschwärmte Frau. Zwar kämpft auch sie häufig nur gegen die Einsamkeit, weigert sich aber standhaft sich in den Augen der anderen zu sehen. Es ist fast beeindruckend, wie sie nur Wahrheiten an sich heranlässt, die ihr gefallen.

Im Verlauf der Handlung entdeckt Rika durch Manako den Genuss, die Sinnlichkeit von Essen und auch die Sinnlichkeit ihres Körpers.

Weiblichkeit und Sehnsucht

Im Roman ist Weiblichkeit und die Anforderungen, die an Frauen gestellt werden immer wieder ein Thema. Welche Rollen müssen Frauen erfüllen, welche wollen sie erfüllen? Sie müssen im herausfordernden Berufsleben mithalten, sich aufopferungsvoll um ihre Männer kümmern und sowieso die ganze Familie versorgen. Dabei sollen sie schön sein, weiblich aber doch vor allem schlank und zierlich.

Die Perspektive was als schlank, zierlich und attraktiv gilt, ist im Roman wirklich interessant. Die Maßstäbe sind für den europäischen Geschmack vielleicht ein wenig extrem, aber sie zeigen gut welche Last auf Frauen liegt ganz bestimmte Anforderungen zu erfüllen. 

Männer gehen daneben im Roman beinahe ein bisschen unter. Sie scheinen hilflos und bedürftig, vor allem die Opfer von Manako Kajii. 

Direkt nach der Lektüre dachte ich, dass „Sehnsucht“ für mich irgendwie der zentrale Begriff des Romans ist. Das klingt vielleicht ein bisschen zu allgemein. Aber Manako Kajii weckte in ihren Opfern die Sehnsucht nach Fürsorge, gutem Essen und Geborgenheit. Wenn sie sich den Männern entzieht, sterben sie beinahe an Sehnsucht. 

Rika wiederum sehnt sich nach Vergebung, weil sie sich für den Tod ihres Vaters verantwortlich fühlt. Reiko, Rikas engste Freundin, sehnt sich nach einer perfekten Familie, einem Kind. Sie alle symbolisieren verschiedene Perspektiven der Weiblichkeit. Toll gelungen finde ich dabei, welche Entwicklung Rika mitmacht. Sie kommt sich und ihren Vorstellungen von einem glücklichen Leben im Verlauf des Romans immer näher. Entdeckt ihre Weiblichkeit, aber auch den Genuss eines unabhängigen Lebens.

Fazit

Der Roman zeichnet sich durch sein langsames Tempo aus. Alles ist auf Details und bildhafte Beschreibungen konzentriert. Vor allem die Beschreibungen des Essens sind dabei so gut, so farbig, dass man es förmlich schmeckt. Ich hatte zwar wirklich ständig Appetit, habe diesen sehr genauen und achtsamen Stil aber sehr genossen. 

Achtsamkeit klingt als Trend vielleicht schon ein bisschen abgenutzt, aber dieser Blick auf alltägliche Dingen wie das Essen (und dabei vor allem auch auf einfachste Gerichte) war wirklich ein Genuss. 

Ein Festessen für alle Leseratten, die Spaß an dieser Art ruhiger, psychologisch spannender Literatur haben.

 

„Butter“ von Asako Yuzuki, übersetzt von Ursula Gräfe, erschienen im Blumenbar Verlag, 444 Seiten. Werbung: Wenn du mich unterstützen möchtest, kannst du das Buch (oder beliebige andere) über meine Partner genialokal, Hugendubel, Bücher.dekaufen.

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