Die Kinder sind Könige


Die problematischen Biografien der 90er Jahre-Kinderstars sind uns hinreichend bekannt. Von Britney Spears über die Olsen Zwillinge bis zu Macaulay Culkin. Die öffentlich gelebte Kindheit und Jugend, die Aufmerksamkeit eines riesigen Publikums, hat ihnen allen mehr oder weniger große psychische Opfer abverlangt. 

In „Die Kinder sind Könige“ geht es um die Kinderstars unserer Generation. Der Roman erzählt von Kinder-Influencern, deren bis zur Perfektion inszenierte Leben auf Instagram und Co zelebriert werden. Das ist nichts, was Menschen, die regelmäßig in den sozialen Medien unterwegs sind, ganz neu sein dürfte. Der Roman bietet auch keine ganz neuen Perspektiven auf das Thema. Aber Delphine de Vigan beschreibt in ihrem Roman dennoch ein aktuelles Problem.

Im Buch wird ein sechsjähriges Mädchen entführt. Aber nicht irgendein Mädchen: Sammy ist ein Kind, dessen komplettes Leben, von der Geburtstagsfeier bis zum Schuhkauf, von ihrer Mutter online präsentiert wird. Die Masse der möglichen Verdächtigen ist entsprechend groß, die mediale Aufmerksamkeit ebenso. Kurzweilig verfasst beschreibt die Autorin die Zeit direk nach der Entführung. Sie gibt die Arbeit der Polizei wieder, sowie die Hilflosigkeit der Familie, die nun das öffentliche Bild nicht mehr nach belieben beeinflussen kann. 

In einem späteren Abschnitt lesen wir was die Entführung, aber auch generell die fehlende Privatsphäre mit allen Beteiligten gemacht hat. Das ist alles nicht ganz überraschend, aber sehr spannend zu lesen. Die Figuren sind dafür passend fast bis zur Karrikatur überzeichnet. Erschreckend, dass man dennoch natürlich immer eben genau dazu Parallelen in der Realität sieht.

Traurig finde ich, dass die Kritik an Influencerinnen auch hier manchmal etwas misogyn wirkt. Kritiker*innen werten dieses Geschäftsfeld gern leichtfertig ab. Und natürlich (!) ist es in vieler Hinsicht kritikwürdig. Aber weil es eben auch eines ist, in dem Männer nur wenig nennenswerte Erfolge haben, kann es für Frauen durchaus eine wichtige Unabhängigkeit bedeuten. Da hätte man die Online Aktivitäten der Mutter vielleicht thematisch noch einmal besser trennen sollen von der deutlich problematischeren digitalen Ausbeutung ihrer Kinder.

 

„Die Kinder sind Könige“ von Delphine de Vigan, übersetzt von Doris Heinemann, erschienen im DUMONT Buchverlag, 320 Seiten. 

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