Personalisierte Kinderbücher von framily – ein paar Fragen zu Inklusion und Diversität


Vor einer Weile erreichte mich die Pressemitteilung eines Unternehmens, das personalisierte Kinderbücher anbietet. Bei framily können Eltern ganz einfach Bücher erstellen lassen, die ihre Kinder mitten in die Geschichten hineinschreiben. Früher waren diese Bücher häufig ziemlich langweilig und nicht sonderlich individuell. Im Pressetext wurde aber darauf hingewiesen, dass framily „besonders Inklusion und Diversität am Herzen liegen“ würde. Damit war meine Neugier geweckt. Da scheint sich einiges getan zu haben! Wie cool wäre es, wenn sich dadurch wirklich ALLE Kinder in Kinderbüchern wiederfinden könnten?

Beim Blick in das Angebot wurde meine Euphorie allerdings schnell gedämpft. Die Möglichkeiten sind im Moment noch sehr begrenzt und es gibt in manchen Geschichten mehr Optionen die Lieblingssüßigkeiten eines Kindes in den Text zu integrieren, als eine eventuelle Behinderung. Die sind nämlich bisher in keiner der Geschichten verfügbar.

Das hat mich dann dann doch nicht in Ruhe gelassen. Ich wollte wissen, wie die Gründerinnen diese Themen sehen und welche Pläne sie für die Zukunft haben. Also habe ich um ein kurzes Interview gebeten und sie haben freundlicherweise sofort zugesagt.
Ich bin gespannt, ob framily dem eigenen Anspruch noch gerecht werden und diese Themen zukünftig besser abbilden kann. Es wäre doch toll, wenn das nicht nur gut klingende Ankündigungen bleiben. Ein wirklich inklusives Angebot, das alle Kinder unabhängig ihrer Hautfarbe, Behinderungen oder verschiedenen Familienkonstellationen abbildet, könnte so schöne Möglichkeiten eröffnen.

Interview

Liebe Frau Jones, liebe Frau Sieper,

vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, um mir kurz ein paar Fragen zu beantworten! 

Ich habe mich sehr gefreut in einer Pressemitteilung zu lesen, dass Ihnen “besonders Inklusion und Diversität am Herzen liegen”. Im Pressetext werden dabei unterschiedliche Familienkonstellationen, Geschlechteridentitäten und Hautfarben betont. Ich selbst engagiere mich für die Repräsentation von Menschen mit Behinderungen in der Literatur und habe mich gefragt: gibt es auch Kinder mit Behinderungen in ihren Geschichten?

Toll, dass Sie sich diesem Thema annehmen. Wir finden das auch sehr wichtig und wollen da in Zukunft mehr tun. Am Anfang haben wir uns vor allem auf verschiedene Hautfarben und diverse Geschlechter fokussiert – und wir hätten nie gedacht, dass die neuen Optionen so positiv aufgenommen werden. Aktuell gibt es in unseren Büchern noch nicht die Möglichkeit, Kinder im Rollstuhl oder einer anderen Behinderung zu zeigen. Aber wir arbeiten daran.

Falls noch nicht, was ist in dieser Hinsicht geplant?

Dieser Moment, wenn Kinder sich in unseren Büchern wiedererkennen und mit leuchtenden Augen feststellen „Das bin ja ich!“, ist einfach unbezahlbar. Kinder fühlen sich auf diese Weise wertgeschätzt und gesehen. Dieses Geschenk möchten wir natürlich so vielen Kids wie möglich machen. Wir denken zum Beispiel an Details wie Hörgeräte, einen Rollstuhl, oder Prothesen. Damit können wir einen Beitrag leisten, dass sich Kinder, die mit Einschränkungen leben und im Alltag oft Ausgrenzung erfahren, angenommen fühlen. 

Meine erste Suche auf ihrer Homepage war dahingehend nämlich leider sehr ernüchternd. Trotz der betonten Diversität werden in allen Büchern, die ich testweise konfiguriert habe, ziemliche “Normkinder” erstellt. Schon dickere Kinder sucht man vergebens. Warum ist das so? Ein großer Aufwand wird mit den unterschiedlichen (und sehr schönen) Illustrationen ja ohnehin betrieben.

Ja, auf die Mehrheit der Optionen trifft das leider noch zu. Gestartet sind wir mit Basics wie Namen, Geschlecht, Haut- und Haarfarbe. Dann kamen immer mehr Details dazu: Brille, Haustier, bester Kumpel, Lieblingsessen. In unserer eigenen Buchreihe „Für den weltbesten Menschen“ gibt es auch diverse Körperformen und auch die Auswahl zwischen „Alt“ und „Jung“. In unserem Buch „Weil du das Größte für mich bist“ haben wir auch verschiedene Nasen und Münder-Formen und entwickeln das stetig weiter. Jedes unserer Bücher ist ein Unikat und wird einzeln gedruckt. Es ist mit daher mit einem recht großen Aufwand verbunden, jede Variante technisch und im Sinne der Geschichte abzubilden. Und als Startup wollten wir den Markt erst einmal kennenlernen und ausprobieren. Zuletzt haben wir dann auch Kopftuch und gleichgeschlechtliche Elternpaare hinzugenommen. 

Spannend finde ich auch, dass die Auswahl nach „Mädchen / Junge“ getroffen wird und immer mit der unterschiedlichen Gestaltung von Frisuren, häufig auch mit unterschiedlich gestalteten Kleidungsstücken verbunden ist. Widerspricht das nicht ein bisschen dem inklusiven Ansatz, wenn schon kurzhaarige Kinder im Kleid nur schwer darstellbar sind?

Die Zeichnungen der Kinder sind natürlich stark vereinfacht – Jungen wie Mädchen können sich mit allen Optionen identifizieren. Wir bieten immer mehr „neutrale“ Körperformen an, die einfach auf jedes Geschlecht passen, und wir unterscheiden dann auch bei der Kleidung und der Frisuren nicht mehr nach Geschlecht. Aber klar, wir sind nicht perfekt. Es geht immer noch besser. Wir sind leidenschaftlich gern auf dem Weg. Unsere Priorität als Unternehmen ist es, den Nachwuchs für Bücher und das Lesen zu begeistern und ihnen auch zu zeigen, dass sich ihre Träume erfüllen können, sie wirklich in einem Buch auftauchen können und ihnen so zu ermöglichen, in unseren Büchern einfach Kind sein zu dürfen. Es wird immer weniger vorgelesen und auch an diesem Punkt wollen wir dagegen halten. Das schaffen wir vor allem durch tolle Geschichten mit spannenden Helden, die die Kids lieben. Aber ich stimme zu, dass wir uns den genannten Themen immer weiter bewusster stellen, sie annehmen und mitdenken müssen. 

Leider habe ich über die Website und den Pressetext nicht in die Bücher hineinschauen können. Daher würde mich interessieren: wie wichtig ist Ihnen auch innerhalb der Geschichten eine diverse Ausgestaltung der übrigen Figuren? 

Wir wollen, dass sich die Kinder selbst wiederfinden, aber auch, dass sie ihre Familienkonstellation erkennen und als selbstverständlich wahrnehmen. In einigen unserer Bücher können deswegen beispielsweise zwei Mamas, zwei Papas oder einen von beiden allein ausgewählt werden. Und auch dort sind dann wieder verschiedene Hautfarben und weitere Optionen individualisierbar. Ganz grundsätzlich passen wir die übrigen Figuren und Details bei unseren Lizenz-Produkten aber immer dem Kosmos der Helden an. Also zum Beispiel die Charaktere aus Bibi und Tina, die Hundebande aus PAW Patrol oder eben Der Kleine Prinz. 

Das Konzept von Framily ermöglicht es theoretisch “jedes Kind” in einem Kinderbuch abzubilden. Ihr Unternehmen besteht seit 2016, was ist Ihnen in dieser Hinsicht seitdem gelungen, welche Ziele haben Sie noch?

Wir können dieses Jahr voraussichtlich die magische Marke von einer Million verkauften Büchern knacken. Und wir sind stolz, dass wir als Startup aus Hamburg auch in anderen Ländern Europas erfolgreich sind. Mein persönliches Highlight ist aber immer noch – und das lange vor Wachstumszahlen oder einem neuen Lizenz-Deal – dass unsere Bücher die Kinder und auch die Schenker glücklich machen. Wenn wir Feedback von unseren Kunden aus dem Shop erhalten und sie uns ihre Geschichten von strahlenden Kinderaugen erzählen, feiern wir dann immer (noch) in unseren Meetings mit dem ganzen Team. Einfach ein schönes Gefühl und eine super Basis dafür, dass wir uns selbst jeden Tag weiterentwickeln.

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